Loos, Sagmeister und die Brüste

Zur Vienna Design Week hat die Firma Lobmeyr nicht nur mit Philippe Malouin ein sehr poetisches Projekt zum Thema Zeit und Glasherstellung realisiert, das allein schon den Besuch des Geschäftes in der Kärntner Straße wert wäre. Man setzte noch eines drauf und beauftragte Stefan Sagmeister, für Adolf Loos` berühmtes Trinkservice Nr. 248 neue Illustrationen zu entwerfen.

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Was daran so toll sein soll? Nun, es ist eine spielerische Relativierung eines Loos-Bildes, das bis heute in vielen Köpfen herumschwebt. Und das wie folgt aussieht: Adolf Loos war ein Feind allen Ornaments und verglich es mit einem Verbrechen. Ornament sei kennzeichnend für „Degenerierte“, Frauen und Kinder. Nun, so argumentierte Loos tatsächlich. Bekannt ist auch, dass Loos es hasste, wenn Architekten wie Josef Hoffmann als Designer tätig wurden. Nur hielt sich Loos nicht an die eigene Forderung, wonach der Architekt die Finger von Gebrauchsgegenständen lassen solle. Denn er entwarf selbst Gläser, eben jenes berühmte Trinkservice Nr. 248 von Lobmeyr, das wegen seiner Schlichtheit in die Designgeschichte eingegangen ist – kein ausuferndes Muster oder gar Figuren zieren die Glaswände, seine Raffinesse verdankt es dem dezenten Schliff am Boden. Für Loos-Fans der Beweis, dass ihr Meister das Pure auch hier verwirklicht habe.

Was niemand ahnte: Es gibt einen Brief, in dem Loos der Firma Lobmeyr vorschlägt, in den ungeschliffenen Boden auch „Schmetterling, Fliege, menschliche nackte Figur, kleine Tiere usw.“ einzugravieren. Und dieser Brief ist jetzt – zum 80. Geburtstag des Entwurfes – aufgetaucht und diente dem österreichischen Design-Exportschlager Stefan Sagmeister als Inspiration. Der Wahl-New Yorker entwarf gemeinsam mit Jessica Walsh 14 Motive, die die sieben Todsünden und die sieben Tugenden darstellen. Zum Beispiel Bienchen für den Fleiß, aber eben auch üppige Brüste für die Lust. Sieht irgendwie trashig aus, ein köstlicher Kontrast zum edlen Glas. Ihm habe die Vorstellung gefallen, so Sagmeister, dass jemand ein Glas Wein austrinke, die Brüste am Boden des Glases sehe und sich daraus zu Tisch eine Diskussion über Tugenden und Sünden ergebe. Ob Sagmeisters Vorstellung realistisch ist oder nicht: Diskussionsstoff gibt es in jedem Fall. Allein schon die Tatsache, dass hier einigermaßen respektlos mit einem Klassiker umgegangen wird, ist bemerkenswert. Noch dazu, wenn man quasi nebenbei auch noch eine kleine Imagekorrektur mitserviert. Spätestens jetzt sollte jeder wissen: Loos war ebenfalls ein Sünder – wie wir alle.

Präsentation: Freitag, 7. Oktober, 19 Uhr.

www.lobmeyr.at

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