Love To Say Dada

Animal Collective müssen nichts mehr beweisen. Album Nummer Zehn zeigt eher die Stärken der einzelnen Bandmitglieder und versucht sich sogar an Eurodance.

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Seit ihrer Gründung im Jahr 1999 haben sie in jegliche Richtung experimentiert ob nun im Bandkollektiv oder solo. Status: Been there, done that. Der kreative Output ist enorm: Alleine neun Studioalben entstanden unter dem Projektnamen „Animal Collective“. Hinzu kommen zahlreiche EPs, Livealben sowie die Nebenprojekte der zwei AnCo-Masterminds Panda Bear und Avey Tare.

Nun kommt also Album Nummer 10. Name: „Painting With“. Die Bandkonstellation hat sich, wie so oft bei AnCo, zum Vorgänger geändert: Deakin, der das 2012er-Album „Centipede Hz“ noch deutlich mitprägte, machte (temporär) Platz. Mit Avey Tare, Panda Bear und Geologist findet sich nun auf „Painting With“ jene Dreierkombo zusammen, die sich für das Meisterwerk der Band verantwortlich zeigt: „Merriweather Post Pavilion“ von 2009, eben jenes verrückt-schöne Pop-Manifest, das wohl als das definitive Animal Collective-Album in die Annalen der Musikgeschichte eingehen wird.

Feiner Stoff

„Painting With“ nun als legitime Weiterführung von „Merriweather“ zu bezeichnen wäre jedoch vermessen. Es ist vielmehr eine Werkschau – nicht nur auf die Diskographie der Band, sondern auch auf die Soloprojekte der Bandmitglieder. In Songs wie „Lying in the Grass“ oder „Recycling“ klingt mal das letzte Panda Bear-Album „Meets the Grim Reaper“ an, während der Song „Bagels in Kiev“ locker auch von Avey Tares letztem Projekt „Avey Tare’s Slasher Flicks“ sein könnte.

Panda Bear (bürgerlich: Noah Lennox) und Avey Tare (bürgerlich: Dave Portner) sind beides Menschen mit einer starken, manchmal auch eigensinnigen, kreativen Vision und das merkt man dem Album an: Die beiden Songwriter liefern hier Großes ab – es fühlt sich mitunter an wie ein Lennon/McCartney-Songwritingbattle, nur eben ohne den Zoff. Schließlich lieben sich ja die AnCo-Bandmitglieder bekanntermaßen wie Brüder, kennen sich doch schon seit ihren Jugendtagen in Baltimore.

„Painting With“ profitiert davon, dass Lennox und Portner in den letzten Jahren stark an ihren Soloprojekten werkelten und somit ihren Stil verfeinerten. Es ist ein sehr vielschichtiges Album geworden – und trotzdem ist es so zugänglich und so direkt, wie kein Animal Collective-Album zuvor.

Animal Ramone

In Interviews verglich die Band die Songs auf „Painting With“ oft mit denen vom Debut der Ramones. Nicht falsch verstehen: AnCo macht jetzt keinen Punk. Aber sie machen Punk-artige Lieder. Kurz, energiegeladen und eben direkt. Auf „Painting With“ fehlen die Verschnaufpausen, die noch auf früheren Alben eingebaut wurden. Es ist ein Dauerfeuer.

Es beginnt bereits beim Opener: „Flori Dada“, der Hit vom Album. „Flori Dada“ ist Animal Collective in Reinform. Alle Merkmale die die Band über Jahre für sich vereinnahmte. Ein wahnsinniger Groove, ein wunderbarer Beat vom Sound- bzw. Sample-Genie Geologist und, natürlich, der wundervolle mehrstimmige Gesang à la Beach Boys. Auch der Refrain ist super: „Flori Da-da / Flori Da-Da“ – das begeistert selbst die Kleinsten.

Man möchte es seinen Eltern vorspielen

Das Album bietet in der Folge zahlreiche Lieder, die es auf Indie-Radiostationen schaffen könnte. Animal Collective versuchte sich hier am Pop – das merkt man den Songlängen an, die stets unter 5 Minuten bleiben, wie auch den meist konventionell gehaltenen Songstrukturen. Animal Collective sind auf „Painting With“ so gar nicht weird, so gar nicht befremdlich. Man möchte sie fast seinen Eltern vorspielen. Einen seltsamen WTF-Moment gibt es trotzdem: Es ist der Track „Natural Selection“, eine schnelle, elektronische Nummer, deren Beat Erinnerungen an Eurodance weckt. Nochmal: Eurodance!!! Jetzt schon die Nummer 1 unter den „Skip-Songs“ 2016. „What were they thinking?!“ fragt man sich. Doch „Painting With“ erinnert den Hörer schnell erinnert daran, dass Animal Collective einen bisher noch nie hängen ließ – lauern doch die echten Highlights des Album am Ende: Das wohl beste Lied des Albums ist das vorletzte, „Golden Gal“, eine ausgezeichnete Nummer von Avey Tare, die es locker mit den Tracks auf „Merriweather Post Pavilion“ aufnehmen könnte. Ein Popsong feinster Güte, mit vollem Groove und einem klugen Text, der Geschlechterbilder thematisiert. Geschlossen wird mit bereits erwähntem Panda Bear-Song „Recycling“, bei dem selbiger sich stimmlich auszeichnen kann und den Hörer damit in höhere Sphären der Glückseligkeit versetzt. So soll, ja so muss ein Animal Collective-Album enden.

Mit „Painting With“ erfinden Animal Collective nichts und niemanden neu – ihnen ist trotzdem ein interessantes und gleichermaßen unkompliziertes Album gelungen, zu dem auch Neueinsteiger einen Zugang haben dürften.

„Painting With“ von Animal Collective erscheint am 19. Februar 2016 bei Domino Records.

Animal Collective – Golden Gal von domino

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