Bereits zum dritten Mal findet heuer Maispace statt. Die Organisatoren haben sich mittlerweile zum Verlag Neue Arbeit zusammengeschlossen und verbinden weiterhin Party mit gesellschaftlich relevanten Inhalten.
MaiSpace geht ins dritte Jahr, zum ersten Mal organisiert ihr die Veranstaltung als Verlag Neue Arbeit. Was ändert sich dadurch, gibt es konkreter formulierte Anliegen?
Bernhard Tobola: Ich denke, dass wir durch Veranstaltungen und Publikationen des vergangenen Jahres viel dazu gelernt haben. Einerseits lässt sich die Zielgruppe besser beschreiben, andererseits bekommt man mehr Gefühl für die Themenwahl und somit fällt es leichter Impulse für die Wiener Kreativen zu setzten. Nach wie vor, wollen wir zwischen Wiener Kreativen und Politik vermitteln. Um ein gemeinsames Verständnis von einem besseren Leben und Arbeiten in Wien für alle zu schaffen. Das sind Themen wie leistbares Wohnen, Chancengleichheit, Grundsicherung, oder im konkreten innovative Förder- und Ausbildungssysteme, solidarische Sicherungssysteme für Einzelunternehmer (Stichwort: Forderungausfall), …
"Kollaboratives Arbeiten und vernetztes Denken und Handeln stehen im Widerspruch zu Ellbogentechnik oder Einzelgängertum." steht in eurer Aussendung. Gibt es dazu von euch konkrete Vorstellung wie diese neue Zusammenarbeit aussehen kann?
Im Grunde sollen selbständige, kreative Menschen erkennen, dass es neue Formen der Zusammenarbeit gibt und man dadurch keinen Nachteil, sondern im Gegenteil eine Fülle von Vorteilen bekommt. Die Lohnarbeit so wie wir sie kennen ist im Schwinden begriffen. Dieser Paradigmenwechsel der Arbeit stellt neue Formen und Anforderungen an die Zusammenarbeit. Der Begriff der Solidarität erfordert daher auch ein Upgrade in diese Zeitenwende.
Ein wichtiges Anliegen vom Verlag Neue Arbeit ist eben die Solidarität. Es handelt sich ja hierbei um eine Einstellung zum eigenen Verhalten und zu Anderen aber auch zu verschiedensten Ideen und Aktivitäten. Man sollte hier zu allererst ansetzen und ein einheitliches Bewusstsein für faires Zusammenleben und Arbeiten schaffen. In diesem Jahr ist es unser Anliegen ein Netzwerk aus interessierten Menschen herauszubilden, die gemeinsam an einer gemeinsamen Sache und an einem gemeinsamen Zielen arbeiten.
Weiter schreibt ihr, dass "Universitäre Ausbildungsstätten, Kunstmarkt, neue Arbeitswelten und freie Märkte fördern ein System der Gewinner und Verlierer." Das ist eine ziemlich breite Phalanx – wo finden eurer Meinung nach heute schon andere Systeme und Arbeitsumgebungen statt, die man sich positiv zum Vorbild nehmen kann?
Man kann sich hier sicherlich Anleihen aus dem Bereich der Open-Source Bewegung nehmen. Schlagwörter wie Wissenstransfer, Anerkennung von Copyrights oder Kollaboratives Arbeiten treffen auch auf andere Bereiche außerhalb von der IT Welt zu. Beispiele sind sicherlich Zusammenschlüsse von Kreativen wie eurer Monopol GmbH oder Genossenschaften die sich zum Zielgesetzt haben gemeinsam große Projekte zu bewältigen.
Im kleinerern Rahmen funktionieren diese Systeme in jeder Agentur oder Arbeitsgemeinschaft, die gemeinsam an großen Projekten arbeiten. Praktische Beispiele findet man in persönlich initiierten Projekten, sehr viele stehen derzeit an der Kippe zur Professionalisierung und daher werden sie auch noch nicht als wirtschaftlich relevante Unternehmen wahrgenommen. Aber der Wille zur Zusammenarbeit ist hier durchaus gegeben – anders wären Aufwand und Risiko nicht zu bewältigen.
Althergebrachte Institutionen wie Gewerkschaft und Wirtschaftskammer haben hier Aufholbedarf und sollten derartige Strukutren eher unterstützen, als sich davor zu verstecken.
Wie kann man jenen, die nicht die Vorraussetzungen haben, um sich in diesen kreativen Bahnen zu behaupten helfen? Ist ein Vorwurf an jene, die ihre Möglichkeiten und Netzwerke nutzen – gerade auch in kreativen Umfeldern – sinnvoll und weiterführend?
Know-How, Netzwerke, symbolisches und wirtschaftliches Kapital sind sicher Schlüsselfaktoren und stellen eine Notwendigkeit zur Professionalisierung dar. Der eine entdeckt dies früher, der andere später. In der derzeitigen Situation kann sich jeder diese Faktoren erarbeiten und man kann natürlich niemanden vorwerfen, wenn er eben einen Tick flexibler oder schneller darauf kommt. Allerdings macht es einen Unterschied, wenn ich von Start weg aus dem Elternhaus eine fette Finanzspritze in die Pobacke gedrückt bekomme oder erst einmal 4 – 5 Jahre einen Geldjob machen muss. Geld wird man nicht ohne weiteres frei verfügbar machen, wenn aber die notwendigen Fähigkeiten vorhanden sind, sollten die Chancen für alle gleich sein.
Mit Dr. Motte und Konrad Becker habt ihr durchaus nicht mehr ganz junge Acts bei Maispace. Kann man die Arbeitsumfelder in denen die vor vielen Jahren zu arbeiten begonnen haben, mit den heutigen irgendwie vergleichen?
Beide stellen in ihrer Person etwas Pionierhaftes dar und stehen für eine Zeitenwende in der elektronischen Musik. Das war auch tatsächlich der Grund, warum wir uns für dieses Booking entschieden haben. Sicherlich ist der Status quo ihrer Kernarbeitsfelder nicht mit der damaligen Zeit vergleichbar, in der sie damit begonnen haben. Dafür haben sich die Bereiche auch zu sehr weiterentwickelt. Die Variablen haben sich sicherlich verändert und eine erste Love Parade in 2010 würde wahrscheinlich ganz anders aussehen / nennen / sich anders anhören – aber die Faszination etwas Bewegen zu wollen müsste die gleiche sein. Im übrigen haben auch alle anderen Interpreten des Abends Eigenschaften die sich dem kollaborativen, solidarischen zuschreiben lassen…
Der Zeitplan:
07.30 Uhr, Maiaufmarsch, Neubaugasse 25
Unter dem Motto "Hoch der kreativen Solidarität" werden VertreterInnen der Neuen Arbeit im Rahmen des Zuges vom 7. Bezirk aufmarschieren und dann am Rathausplatz ein Tableau Vivant der Illustration des maispace 2010 Flyers in Szene setzen.
15.00 Uhr, Picknick der Kreativen, Vorplatz der brut im künstlerhaus, Karlsplatz 5
Bei Musik, Getränken und Butterbroten sind alle eingeladen sich aktiv bei maispace 2010 zu beteiligen. Die Musik kommt vom TT mobil.
Einlass 20.00 Uhr, maispace 2010, brut im künstlerhaus, Karlsplatz 5
Parallel zum musikalischen Programm wird es weitere künstlerische Interventionen sowie eine Solidaritätsbar geben.
Theaterraum:
Konrad Becker live, Kosmoprolet live, Philipp Quehenberger & Didi Kern live, Patrick Pulsinger, Dr. Motte
brut Bar deluxe:
Fritz Plöckinger, Marvin und Valentino, Hunee, Mark E, Tingel Tangel
Kein Eintritt. Anmeldung auf Website und Facebook-Gruppe.