Joseph Beuys auf der Documenta 6? Kasseler Dokumentarfilm- und Videofest 1990? Verstreute Kulturgüter, die Archive und Onlineplattformen bisher oft nur kurzfristig und unvollständig bieten können, fügt mediaartbase.de nun zu einem großen Ganzen zusammen.
Das audiovisuelle Material wird vom Zentrum für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe (ZKM) in Kooperation mit dem Documenta Archiv Kassel, European Media Art Festival Osnabrück (EMAF) und dem Kasseler Dokumentarfilm- und Videofest aufgearbeitet und kostenlos veröffentlicht.
Beim Stöbern im Archiv wird in einer simplen Struktur zu jeder Datei neben den Basis-Daten wie Titel und Entstehungsdatum eine kurze Zusammenfassung angezeigt, neueste Zugänge sind auf einen Blick sichtbar. Für die Nutzung des Archivs ist eine Registierung notwendig.
Wir führten ein Interview mit Ludger Brümmer, Leiter des Institut für Musik und Akustik am ZKM.
Wieviele Medien sind derzeit bei mediaartbase.de archiviert?
Brümmer: Gegenwärtig sind 12.600 Objekte in der Datenbank und die Anzahl der Objekte wird steigen. Allein durch die Werke der Mediathek des ZKM werden in den nächsten 6 Monaten nochmal 13.000 Audios sowie 10.000 Videos dazu kommen. Als Objekte gelten Werke, Veranstaltungen und Publikationen, aber auch Personen. Jedes dieser Objekte kann mehrere Medien enthalten. Deswegen kann die Anzahl der Objekte nicht genau beziffert werden.
Welche Art von Medien werden archiviert?
Brümmer: Es werden alle Medien archiviert, die etwas mit dem Kunstwerk zu tun haben. Das können Filme, Videos, Audiomaterial, Bildmaterial, Pdf-, Textdateien, aber auch Programmcode sein. Die Videos selbst können wiederum Kunstwerke aber auch Dokumentationen oder auch z.B. Fernseh- oder Radioberichte sein. Bei den Texten kann es sich um Restaurationsberichte, Essays der Künstler, Kritiken oder auch Analysen der Werke handeln. Das beigefügte Material kann sehr unterschiedlich sein und sich so den Bedürfnissen der jeweiligen Sammlungen anpassen.
Diese Vielfalt wurde dadurch erreicht, dass das Mediaartbase Konsortium aus einem Archiv, dem Documenta Archiv, einem Medienkunstfestival, dem European Mediaartfestival Osnabrück, einem Dokumentarfilm Festival, dem Dokfest Kassel und einem Produzenten, Konzertveranstalter, Herausgeber, einer Mediathek und Museum, dem Zentrum für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe besteht. Bei der Projektentwicklung hatte das Institut für Musik und Akustik die Federführung und konnte seine Kompetenz als Produzent von electroakustischer Kunst mit einbringen. Durch diese Vielfalt konnten die meisten zukünftigen Bedürfnisse potentieller Partner bereits in der Datenbank verankert werden.
Wie verfahren Sie mit dem Urheberrecht der Werke?
Brümmer: Wir fragen die Urheberrechte einzeln bei den Künstlern ab. Dazu haben wird mit jedem Künstler einen nach neuestem Rechtsstand verfassten Standard-Vertrag entwickelt und lassen diese von ihm abzeichnen. Dieser Vertrag sichert uns das Recht, das Werk in einer Datenbank zu digitalisieren und zu speichern, sowie die Inhalte einer mehr oder weniger grossen Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Ist der Zugriff auf alle archivierten Dateien unbeschränkt möglich?
Brümmer: Leider verhindert das Copyright den freien Zugang zu allen Medien. Die Metadaten jedes Werkes sind im Internet verfügbar. Man kann also schon recherchieren. Frei verfügbar ist nur der Teil der Werke, für den eine Erlaubnis des Künstlers vorliegt. Es gibt für die Musik leider keine Möglichkeit vollständige Werke anzuhören, wenn der Künstler GEMA Mitglied ist. Auch wenn Filme Musik enthalten können diese Werke nicht vollständig im Internet gezeigt werden.
Allerdings können alle Werke in den Mediatheken der einzelnen Institutionen vollständig angesehen und angehört werden. Ausserdem gibt es für bestimmte Forschungsprojekte einen zeitlich limitierten Zugang zu den Medien.
Es ist einerseits schade, dass nicht alle Medien sicht- bzw. hörbar sind, andererseits ist es für die Künstler auch wichtig für ihr künstlerisches Schaffen entlohnt zu werden. Hier widersprechen sich zwei Prinzipien und die Rechtslage konnten wir leider nicht ändern.
Können Künstler das Archiv um ihre Arbeiten selbstständig erweitern?
Brümmer: Die Mediaartbase ist als ein sich ständig erweiternder Verbund von Datenbanken gedacht und kann um weitere Archive erweitert werden. Die Datenbank liegt als Open Source vor. Dadurch können wir das gesamte System an Interessierte weitergeben. Handelt es sich dabei um Archive mit Medienkunst so werden diese in den Verbund Mediaartbase mit aufgenommen. Wir haben sehr viel Arbeit in die Entwicklung der Metadaten, der Software und der Verträge gesteckt. Diese Elemente haben einen Modellcharakter und können von anderen auch weitergenutzt werden.
Was ist das Ziel von mediartbase?
Brümmer: Durch das Projekt Mediaartbase soll Medienkunst im weiteren Sinne sichtbar und recherchierbar gemacht werden. Zustätzlich sollte ein Teil der Bestände restauriert und digitalisiert werden. Warum das so wichtig ist möchte ich anhand eines Beispiels erläuftern. Im ZKM wurde 1991 das Projekt Ideama initialisiert. Hierbei handelt es sich um eine Sammlung der 770 wichtigsten Kompositionen elektronischer Musik zwischen 1947 und 1970. Diese wurde von einer internationalen Jury zusammengestellt. Nachdem die Liste mit den Kompositionen ermittelt war, stellte sich heraus, dass nur noch 550 Werke vorhanden waren. Schon mehr als 25 Prozent der Werke waren in dieser kurzen Zeitspanne verschwunden.
Es ist aber die Frage, wie viele dieser Werke noch auf irgend einem Dachboden lagern, ohne, das jemand davon Kenntnis hat. Wäre die Existenz der Werke bekannt so könnte man feststellen, ob in einem Archiv die letzte existierende Kopie lagert. Das Publizieren der Bestände im Internet ist also ein wichtiger Bestandteil für die Rettung dieser Werke.
Das zweite Ziel ist die Erschliessung von Kunstwerken. Es gibt viele Archive, deren Bestände nicht unbedingt systematisch geordnet und gespeichert sind. Mit Mediaartbase kann jeder Zeitungsartikel, jede Analyse, jede Version eines Kunstwerkes geordnet gespeichert und damit auch erhalten werden, denn die Bestände der Datenbank lassen sich auf Langzeitspeicher einfach sichern. Diese Ziele waren sicher der Grund für die Förderung des Projektes durch die Kulturstiftung des Bundes.
Die Mediaartbase hat rund um die Uhr für Kunstinteressierte geöffnet.