Mit leicht offenem Mund

Christopher Nolan hat mit „The Dark Knight Rises“ bestimmt den imposantesten Blockbuster dieses Sommers geschaffen. Getreu den Erwartungen beendet er seine Batman-Trilogie großmächtig. Die beste seiner Arbeiten bis dato, ist der Film aber bestimmt nicht geworden.

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Batman macht Gefangene, Christopher Nolan nicht. Das erwartungsvoll starrende Publikum reißt er schon mit der Eingangssequenz tief in sein knapp dreistündiges Superheldenepos. Drei Gefangene werden in ein Flugzeug gebracht, zwei von ihnen sollen liquidiert werden. Einer von ihnen wird sich sogleich befreien, sich als Superschurke Bane zu erkennen geben und das Flugzeug zerstören lassen; um selbst höchst spektakulär eine Geisel zu nehmen und mit ihr in ein darüber fliegendes Terroristenflugzeug zu flüchten.

Böses Schwergewicht

Sogleich wird Tom Hardy als hoch intelligenter und unerbittlicher Bösewicht etabliert, mit ihm ein Heer an gnadenlosen Söldnern, die für ihn den Märtyrertod suchen. Nach seiner undankbaren Nebenrolle als Betrüger in „Inception“ (2010), darf Hardy nun sein beeindruckend physisches Schauspiel endlich in Position bringen. Die Wucht seiner Darstellung erinnert dabei nicht selten an „Bronson“ (2008) von Nicolas Winding Refn, wo er den brutalen Häftling Charles Bronson in einer Art Kinokunst der Gewalt verkörpert. Ihm gegenüber steht der geknickte Fledermausmann Christian Bale, welcher erst zum großen Finale hin zu alter Stärke reift. Davor muss er in der düster-grauen Welt von Gotham City noch einen schmerzvollen Leidensweg überdauern. Sein Passionsspiel inklusive Wiedergeburt driftet etwas in den Hintergrund ab. Währenddessen bevölkern namhafte Nebenfiguren die Leinwand und überfrachten die vermeintlich verstrickte Handlung mit angedeuteten oder ganzen Handlungssträngen, sicherheitspolitischen Nöten und dystopischen Fantasien.

Überbevölkerung in Gotham City

Gary Oldman kämpft als lässiger Commissioner Gordon wieder für das Gute und muss dabei auch den eigenen Charakter zusammenflicken. Joseph Gordon-Levitt schärft sein Profil als charismatischer Jungpolizist mit Waisenhausvergangenheit, dem leider lächerliche Oneliner und eine unverwüstliche Maturantenfrisur verpasst wurden. Anne Hathaway wird nur zur banalisierten Catwoman (Michelle Pfeiffer und Tim Burton bleiben unerreicht). Michael Caine darf als Butler Alfred mit großen Gefühlsgesten brillieren, Morgan Freeman ist eh auch wieder da und Marion Cotillard muss zum Glück nicht so aufdringlich sein wie bei „Inception“.

Vorfahreffekt

Das Problem von „The Dark Knight Rises“ sind seine Vorfahren. Bei „The Dark Knight“ war es die wirkungsstarke Psychologisierung von Heath Ledger, bei „Inception“ war es die Souveränität von Leonardo DiCaprio – in beiden Filmen waren sie die notwendigen Ergänzungen zum epochalen Blockbuster-Handwerk. Denn trotz der um Verschachtelung bemühten Storylines, der fast selbstverständlich großartigen Special Effects, der bestechenden Kameraarbeit und Montage, der Übergröße der Kulissen oder der Details in Kostümen und Gadgets, brauchen die Darsteller neben all dem auch ihren Raum der Entfaltung, um den Figuren im großen Ganzen ihre Wirkung verleihen zu können. Andernfalls verpufft die Großraum-Action. Besonders dann, wenn so ungeschickt mit großen Gesten gespielt wird, dass sie den Film schließlich als unfreiwillig komische Klischees einholen. Redundant wird etwa das Sujet der Kinder als Opfer, furchtbar ist jene Szene, in der eine Batman-Statue enthüllt wird, seltsam exotistisch sind die Gefängnisszenen, albern wirken die todesmutigen Polizistenmassen. Sein manipulatives Spiel mit dem Mensch in der gruppendynamischen Masse, was ja unter anderem im Fokus des Films steht, gleitet Nolan manchmal aus den Händen. Übermaß führt nicht automatisch zu Mehrwert.

Nolans Verständnis von Hollywood-Kino bedeutet eine Unterhaltung, die mehrdimensional unter die Haut geht, bombastisch und radikal sein soll – zumindest funktioniert das auch so im Ansatz. Zweifelsohne erweist er sich auch bei "The Dark Knight Rises" als meisterlicher Spektakel-Regisseur, an dessen Filme niemand vorbeikommt. Doch die beiden stärksten Eindrücke, die das Action-Drama aber letztlich vermittelt, sind einerseits die dröhnende Orchestermusik des deutschen Filmkomponisten Hans Zimmer, der die (thematischen) Materialschlachten umrahmt und der etwas irritierende, stets leicht geöffnete Mund von Hauptdarsteller Christian Bale andererseits. Der dritte Teil der Batman-Trilogie ist kein Meisterwerk. Bezeichnenderweise bleibt der Mund nur leicht offen stehen, besonders nicht nach dem weitaus konzentrierteren zweiten Teil der Reihe. Die Batman-Bombastik wurde in ihrer Bilderflut etwas vom eigenen Kitsch eingeholt. Das große Dröhnen ist vorerst vorbei.

"The Dark Knight Rises" ist ab dem 27. Juli in den Österreichischen Kinos zu sehen.

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