Nachrufe auf Badewannen

Whitney Houston starb im Alter von 48 Jahren in Beverly Hills. In einer Badewanne. Der Tod der Soul-Diva ist tragisch, folgt aber einem popkulturellen Muster.

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Wer wissen will, wann er mit seinem Tod zu rechnen hat, sollte einfach mal bei seiner Tageszeitung anrufen. Denn ja, auch wenn es irgendwie fies ist: Redaktionen haben einen Haufen bereits fertiger Nachrufe in der Schublade. Die Frage „Nennen sie drei Personen, deren Nachruf sie bereits vorbereitet haben sollten“ ist sehr beliebt bei journalistischen Einstiegstest.

Insofern stellte der trotz dem körperlichen und künstlerischen Verfall dann doch überraschende Tod Whitney Houstons die Kollegen vor ein Problem. Genau wie beim Ableben Heath Ledgers und Amy Winehouse mussten in zahlreichen Redaktionen hektisch Nachrufe verfasst werden. Dementsprechend schematisch waren sie dann leider vielfach auch: Aufstieg und Fall einer Soul-Diva. Wir sparen uns in diesem Fall den klassischen Nachruf – Whitney Houston hatte eine unfassbare Stimme und war völlig zurecht unfassbar erfolgreich, aber im Prinzip seit Jahren künstlerisch nicht mehr relevant. Ihr Wechsel von der Kultur- auf die Klatschseite ist tragisch, aber ein Faktum.

Selbstkannibalisierung

Im Prinzip laufen im Fall Houston zwei Dinge zusammen. Auf der einen Seite die Selbstkannibalisierung eines Stars durch Drogenkonsum. In den letzten Jahren war es eher schmerzhaft, der Sängerin zuzuschauen. Der selbstgewählte körperliche Verfall des ehemaligen Superstars ist kein neues Phänomen. Die Kombination aus ständig verfügbaren Betäubungsmitteln und der Wechsel aus totaler Aufmerksamkeit und totaler Einsamkeit ist auch künstlerisch und visuell gern bearbeitetes Feld. Da besteht aber natürlich immer die Gefahr der Stilisierung – mit dem Satz „It’s better to burn out than to fade away“ ist zu oft kokettiert worden, als das er noch als Distinktionsmerkmal dienen könnte.

Allerdings ist auch der Tod in der Badewanne eine Erwähnung wert. Das Bild einer Person, die leblos in einer Badewanne liegt (normalerweise mit zerschnittenen Pulsadern, aber auch der Fön wurde früher oft verwendet), ist eine morbide Ikone der Populärkultur. Sehr eindrucksvoll wurde das beispielsweise hier in Roger Avarys Film „Rules of Attraction“ in Szene gesetzt. In Britneys Video "Everytime" wird die Badewanne zum beängstigenden Sehnsuchtsort, um das Video gab es entsprechend Aufregung. Ziemlich eindrucksvoll wurde dieses Muster der Kannibalisierung in einer Southpark-Folge behandelt. Nur zu gut passt da auch die Meldung ins Bild, dass die Preise für Alben von Whitney Houston vom Label 30 Minuten nach ihrem Tod um 60 Prozent angehoben wurden.

Club Bathtub

Aber auch der tote Prominente in der Badewanne ist ein Modellbild: Jim Morrisson traf es 1971, die weltbekannte Fotografin Diane Arbus in demselben Jahr. Brian Jones, Gründungsmitglied der Rolling Stones, starb 1969 in einem Pool. Bis heute halten sich die Gerüchte, er sei ertränkt worden. Ähnliche Theorien gibt es um den Tod Uwe Barschels in einem Genfer Hotel.

Brian Jones schlägt übrigens auch die Brücke zu einem anderen prominenten Club – dem „Club 27“, also Musikern, die im jungen Alter von 27 ihr Leben ließen. Dieses völlig bescheuerte Konzept packt völlig unterschiedliche Künstler und etikettiert sie anhand eines eines eher zufälligen Merkmals. Immerhin das ist Whitney Houston erspart geblieben.

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