Die EU-Kommission Neelie Kroes hat im Rahmen der Digitalen Agenda ein klares Bekenntnis zu eGovernment und Open Data abgegeben. EU-Kommissarin im Interview.
Welchen Stellenwert hat das Thema Open Data in der Digitalen Agenda der EU?
Die Offenlegung von Daten des öffentlichen Sektors ist ein wesentlicher Treiber für die Entwicklung von Content-Märkten in Europa. In dem Bereich werden neue Geschäftsmodelle entstehen und auch Jobs geschaffen. Für Bürger und Konsumenten bedeutet das mehr Wahlfreiheit und mehr Leistung für ihre Steuergelder. Daher haben wir dem Thema viel Platz in der Digitalen Agenda eingeräumt und es im eGovernment Action Plan nochmals fest geschrieben. Unser Ziel ist, möglichst viele Daten zur Verfügung zu stellen. Um das wirtschaftliche Potenzial heben zu können, wird die Kommission vorschlagen, die Direktive für Public Sector Information (PSI) nochmals zu überarbeiten.
Was sind die konkreten Vorhaben in Bereich Open Data?
Ich möchte noch mehr Bürgerinnen und Bürger aber auch Unternehmen haben, die Nutzen aus Open Data ziehen. Die EU-Verwaltung eröffnet neue Partizipationsmöglichkeiten und wird damit auch transparenter. Dafür binden wir verstärkt Dritt-Anbieter ein, die über ein Portal auf diese Daten zugreifen können. Ziel ist, Daten, die ohnehin vorliegen, leicht auffindbar zu machen und sie verständlich aufzubereiten. Grundsätzlich sollen das Daten aus allen Bereichen der EU sein. Die Kommission wird natürlich mit gutem Beispiel vorangehen und die eigenen Datenbestände zuerst in das Portal integrieren.
Welche Rahmenbedingungen braucht es, damit solche Daten auch wirklich genutzt werden können?
Meine persönliche Meinung ist, dass es der kollektiven Verantwortung von Regierungen und öffentlichen Institutionen (inklusive EU-Kommission) entspricht, ihre Daten der Bevölkerung möglichst vollständig zur Verfügung zu stellen. Und zwar in einer maschinenlesbaren Form, damit die Inhalte auch weiter verarbeitet werden können. Wichtig ist, dass die Rohdaten zeitnahe und möglichst granular vorliegen – und das ohne Restriktionen. Diese technischen und organisatorischen Barrieren hindern nämlich noch viele Entwickler daran, Apps und Services anzubieten, wie wir sie aus anderen Bereichen schon tagtäglich auf unseren Smartphones nutzen.
Welche Informationen wird die EU als Open Data bereitstellen? Und wie werden Sie auf die nationalen bzw. regionalen Verwaltungen einwirken, das auch zu tun?
Die Kommission stellt schon eine ganze Reihe von Informationen zur Verfügung: Etwa statistische Daten via Eurostat oder die online zugängliche Datenbank mit allen EU Gesetzen. Es gibt auch eine Datenbank, wo die Informationen über zugewiesene EU-Fördergelder für alle Bürger zugänglich sind. Für all diese Daten können wir die Aufbereitung und Durchsuchbarkeit noch entscheidend verbessern. Und wir werden weitere Datenquellen öffnen. Parallel dazu suchen wir den Dialog mit Entwicklern und Anwendern, um neue Ideen für Services und verbesserten Zugang zu entwickeln. Immer mehr EU-Staaten haben interessante Projekte auf nationaler oder lokaler Ebene. Datenkataloge und Portale werden aufgebaut und erweitert. Zum Teil finden diese auch schon breiten Anklang. In Zukunft wäre es denkbar, nationale Daten im EU-Portal zu aggregieren.
Der Begriff Open Data taucht meistens im Zusammenhang mit öffentlichen Institutionen auf. Wie stehen Sie zur Forderung, dass auch gewisse Daten von Unternehmen veröffentlicht werden sollen?
Unsere Pläne fokussieren jetzt einmal auf den öffentlichen Sektor. Bei Unternehmensdaten gelten andere Regeln. Es gibt schon jetzt eine Reihe von Bestimmungen für die Veröffentlichung von Unternehmensdaten, insbesondere Finanzkennzahlen.
Wie sehen Sie das Verhältnis von klassischem Journalismus und den Anbietern von Services, die Open Data verwenden?
Mit der Öffnung von Contents öffentlicher Institutionen entsteht eine neue Form der Berichterstattung. Der »Datenjournalismus« floriert. Es eröffnen sich neue Möglichkeiten für die Analyse und kontextuelle Aufbereitung, die zu einem besseren Verständnis von komplexen Zusammenhängen beitragen. In Großbritannien zum Beispiel wurden im Vorjahr Details über die Ausgaben einiger Ressorts veröffentlicht und ein paar Stunden später hatten Journalisten schon spannende Ansätze für ihre Geschichten gefunden.
Welche Rahmenbedingungen sind für die Arbeit mit Open Data nötig?
Wir haben sowohl auf EU Ebene als auch in den Mitgliedsstaaten ausreichende Regelungen, um den Risiken des Missbrauchs zu begegnen. Bevor man aber mit Daten arbeiten kann, müssen sie zugänglich sein. Da gibt es klare Regelungen, die die staatliche, finanzielle und militärische Sicherheit von Staaten garantieren. Auch der Schutz von persönlichen Daten der Bürger ist durch bestehende Gesetze gewährleistet. Medizinische oder andere persönliche Details sind nicht Teil dieser Daten. Konsumentenschutzrichtlinien und Regeln für fairen Wettbewerb decken den Bereich der weiteren Verwendung von Daten ab. Sollte darüber hinaus die Definition weiterer Rahmenbedingungen nötig sein, werden wir das entsprechend anpassen. Bis jetzt haben wir noch keine Notwendigkeit gesehen.