Von der Imbissbude zur angesagten Szenelocation und wieder retour. Die Kombüse in Graz steht vor rechtlichem Downsizing.
Seit mittlerweile mehr als fünf Jahren sorgt der Kiosk im Stadtpark, die Kombüse, für außergewöhnliche Snacks und Party. Schritt für Schritt wurde aus der Imbissbude ein Treffpunkt für Kulturschaffende und Kulturbegeisterte. DJs, Live-Auftritte, Kunstperformances und die Betreiber, Cooks of Grind – all das sorgte dafür, dass immer mehr Leute in die Kombüse stürmten.
Schon einmal musste die Kombüse eine vorübergehende, freiwillige Pause einlegen, da viele Anrainerbeschwerden aufkamen. Jetzt steht der Künstlertreff erneut vor einer Blockade, die für die Kombüse ein Rückschritt zum reinen Würstler bedeuten könnte.
Mehr Würstel, weniger Disco
Nach einem Besuch des Bauamts wird jetzt erneut vorübergehend geschlossen. Durch die fließende Entwicklung von Imbiss zur Disco wurde nie auf neue Auflagen hingewiesen. "Wir haben auch jetzt keinen Bescheid bekommen, es wurde halt darauf hingewiesen, dass es so nicht geht", sagt Uwe Gallaun, der mit Werner Reiser gemeinsam die Kombüse betreibt.
"Das ist jetzt nicht Graz an sich, es gibt halt einfach Auflagen." Doch weder das Bauamt noch die Betreiber sind zuversichtlich, dass die Kombüse diesen Auflagen gerecht werden könnte. Einerseits befindet sich der Imbiss in einer Grazer Wohlfühloase namens Stadtpark, wo es ohne politische Protektion sehr schwer wird, eine neue Bar genehmigen zu lassen. Andererseits sind damit hohe Kosten verbunden. Und selbst dann dürften nur 40 Leute in den Kulturtreff. Hohe Kosten, weniger Besucher – You do the math.
Bis Anfang März soll der Kiosk noch geschlossen bleiben, um dann in seiner Ursprungsform wieder aufzusperren. "Es wird nicht mehr so wie früher. Eher wieder ein Imbiss in kleinerer Form. Hintergrundmusik, Playlist, Radio aber sicher keine DJs. Ansonsten wird es halt wieder irgendwelche lustigen Kreationen von den Cooks of Grinds geben, wie zum Beispiel die Thunderbeans", sagt Gallaun.
Totgesagte leben länger
Die Kombüse etablierte sich als fixer Bestandteil der Untergrundszene in Graz. Sie bat Platz für Djs die sonst zu eher wenigen Auftritten kommen. Gute Projekte sind aus dem Kiosk entstanden, wie zum Beispiel Melodien für Millionen, die ihren ersten Auftritt in der Kombüse hatten. "Viele DJs legen alle zwei Monate in der Kombüse auf und sonst nur einmal im Jahr. Das fällt dann halt auch noch weg und fehlt den Musikern dann", so Gallaun über die fehlenden Möglichkeiten für Nachwuchsmusiker.
Bis einschließlich Mai 2015 war die Kombüse komplett ausgebucht. Mit der Schließung des Kunstreffs verlieren viele Musiker den Platz zur Auslebung sowie erste Möglichkeiten Kunst der Öffentlichkeit vorzustellen. Doch eigentlich ist der Kiosk an sich schon seit zwei Jahren zum Tode verurteilt. "Es gibt so ein Zukunftsprojekt, ähnlich wie das Pfauengartenprojekt, da kam im Juli 2013 eine Expertenkommission zusammen. Da haben diese Fachleute einen Plan entwickelt, wie man den Stadtpark besser machen kann, so wie vor 100 Jahren. Da steht zum Beispiel drinnen, dass der Kiosk mittel bis langfristig gesehen sowieso weg soll", so Gallaun.
"Der Grad der Frustrierung ist jedoch ansteigend"
Es ist keine Neuigkeit, dass in Graz immer mehr Kulturfleckerl eingeschränkt oder gar zugesperrt werden. Egal ob die Niese, das Parkhouse oder das Springfestival, die Plätze für Subkultur werden weniger, trotzdem ist die Szene noch kein Zombie. "Die Leute ziehen deshalb nicht weg, manche schon, da kommen aber wieder andere nach. Die Untergrundszene wird sicher nicht aussterben. Der Grad der Frustrierung ist jedoch ansteigend", sagt Gallaun.
Die Freiräume werden langsam knapp. Doch woran liegt das? Die Auflagen in Graz werden immer stärker. So wurde auch das Straßenmusikgesetz strenger, die Sperrstunden wurden runtergesetzt und erklär mal einem Wiener auf Grazbesuch, dass er kein Dosenbier auf der Straße trinken darf. Irgendwo happert’s und das in einer Studentenstadt? "Graz ist eine Studentenstadt, das ist ein Fakt. Und Studenten, die von irgendwo hierherkommen, sind halt einfach nicht wahlberechtigt", meint Gallaun.
Die Kürzung des Kulturbudgets ist natürlich kein Grazer Phänomen. "Es wird halt bei den Schwächeren begonnen zu kürzen. Die Grazer Kulturstadträtin Lisa Rücker (Grüne) ist zwar sehr engagiert, dass die alternative Szene sozusagen nicht verhungert, aber trotzdem ist es schwierig", sagt Gallaun. Die Undergroundkultur wird Schritt für Schritt ins Hinterstüberl verschoben.
Nicht immer geht’s ums Knedl
Dabei wird von den Akteuren in der Szene gar nicht viel verlangt. Sie wollen die Kultur fördern, ein Angebot schaffen, damit die Leute in Graz auch etwas haben und nicht wo anders hinziehen. Dabei geht es nicht immer um Geld. "Es muss gar nicht gewinnbringend sein. Es geht darum, dass man Leute zahlen kann die hier arbeiten können", so Gallaun.
Die Kombüse hinter sich zu lassen und einen neuen Raum zu suchen, der im Einklang mit Behörden, Betreibern und Anrainer harmoniert, ist schwierig. Die Cooks of Grind sind eher negativ auf neue Projekte eingestellt. "Es ist halt einfach ermüdend, wenn dieser Aufwand dazu führt, dass man im Prinzip ein paar Jahre offen haben kann und dann wieder zusperren muss", sagt Gallaun.
Die Gerüchteküche brodelt
Auch wir müssen es noch mal erwähnen, dass sich die Cooks of Grind von den Gerüchten um das gegenüber aufgesperrte Lokal "Promenade" distanzieren. In den Weiten des Internets wird spekuliert, inwiefern die Eröffnung des schnieken Lokals gegenüber mit der Schließung der alternativen Kombüse zu tun hat. "Viele Leute sagen, dass es kein Zufall ist, dass die Promenade aufsperrt und wir gleichzeitig zusperren. Wir sagen dazu nichts, es steht ja eh genug in den Comments auf diversen Seiten", so Gallaun.
Die Kombüse ist vorübergehend geschlossen. In Zukunft werden keine DJs und Live Acts mehr für Stimmung sorgen. Weiterhin werden die Cooks of Grinds für kreative Mahlzeiten sorgen, jedoch nur mit Begleitmusik aus dem Radio oder Laptop.
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