Das Rustikale boomt, auch im Design. Das klingt nach Herzerln in der Sessel-Rückenlehne und derber Hüttenromantik. Es geht aber auch viel besser.
Seiner Zeit voraus
Das führt uns zu unseren deutschen Alpinnachbarn. Allen voran ist hier der Münchner Designer Klaus Hackl zu nennen, der Pionierarbeit auf dem Gebiet der Bauernmöbel geleistet hat. 2003 hat er mit dem Stuhl "Flüela" einen extrem pointierten, rauen Entwurf vorgestellt: "Einfachheit ist uns kein Stilmerkmal, sondern Ausdruck einer Haltung, die versucht, die Dinge nicht unnötig zu verkomplizieren", so der Designer über sein Möbel. "Kräftige Abmessungen und durchschaubare Konstruktion halten ein, was sie versprechen."
Die Reaktion der Öffentlichkeit fiel weniger kräftig aus. "Meine Idee, die Stube als den elementaren Beitrag des alpinen Bauens zur europäischen Baukultur zu thematisieren und die traditionellen Stubenmöbel Tisch und Stuhl überaus robust und massivplastisch, aber durchaus modern zu interpretieren, entsprang meinem Unbehagen an einem internationalen Möbeldesign mit seinem Leitbild von der leichten Konstruktion bei sparsamsten Materialeinsatz. Dieser für mich ungemein spannende Spagat zwischen Traditionsbewusstsein und moderner Gestaltungsauffassung provozierte bei Kollegen, in der Fachpresse oder der Öffentlichkeit allerdings kaum eine Reaktion." Auch zwei Jahre später, als Hackl mit einem Partner eine komplette Möbelkollektion unter dem Namen "Country Remix" auf der Möbelmesse in Köln vorstellte, war die Zeit dafür noch nicht reif.
Kein Haus am Land für mich, ohje
Erst eine gemeinsam mit Christoph Hölz konzipierte Ausstellung im Archiv für Baukunst in Innsbruck im Jahr 2012 habe Schwung in das Thema gebracht, so Hackl: "Mit dieser ersten Bestandsaufnahme von Stubenmöbeln aus den 20er und 30er Jahren konnten wir an Originalen der sogenannten Tiroler Moderne – Clemens Holzmeister, Lois Welzenbacher u.a. – anschaulich vor Augen führen, dass sich schon in der Zwischenkriegszeit ein regionaler Sonderweg in Architektur und Möbel- bzw. Innenraumgestaltung findet, der der Kühle der internationalen Moderne und ihren Sitzmaschinen eine traditionsbewusste, derbe Geste entgegensetzte.
Das gegenwärtige Rustikaltreiben sieht Klaus Hackl gelassen: "Wenn man weiß, dass unsere Volkskultur mitsamt ihrer Dirndlmode, Landhausmobiliar, Ferienarchitektur, Festkultur und Volksmusik ihrem Ursprung nach ein nationalromantisch-städtisches Kulturkonstrukt des ausgehenden 19. Jahrhunderts ist, dann erkennt man, dass sich in den letzten 150 Jahren in den Einstellungen und Sehnsüchten der Menschen nicht so viel geändert hat."
Als Designer gearbeitet und gelernt hat Hackl übrigens u.a. bei Jasper Morrison. Und siehe da, auch beim "Mr. Cool" des modernen britischen Designs finden sich Entwürfe, die sich definitiv am Landhausstil orientieren, z.B. die "Oak Table"-Serie für Cappellini oder die "Crate""-Möbel für Established & Sons. Angesichts der Entwürfe von Morrison, EOOS, Hackl, Rüf und anderen müssen selbst Skeptiker zugeben: Heimatkitsch und Lederhosendesign sieht absolut anders aus.
Die Werke von Klaus Hackl und Robert Rüf kann man sich hier ansehen.