Poesie, wo man sie nicht erwartet

Poesie findet sich nicht nur in der Reclam-Sammlung, sondern überall, wo man bereit ist, genauer hinzusehen. Auch eine Ausstellung in der Kunsthalle Wien widmet sich jetzt „Mehr als nur Worten“.

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Die erste Kindheitserinnerung an Poesie, damals noch Pösi ausgesprochen, ist vielleicht das dazugehörigen Album. Man verbindet sie mit Reimen, die man – diktiert von den Eltern – der besten Freundin oder dem besten Freund ins Buch kritzeln musste. Spätestens in der Schule dann, wenn es darum ging, etwas auswendig zu lernen – sei es der Erlkönig oder die Glocke – begann Poesie für viele zu etwas Anstrengendem zu werden. Manchen bleibt Dichtung ein Leben lang suspekt, die Interpretation von Gedichten in genauso negativer Erinnerung wie die Bildbeschreibung im Deutschunterricht. So bekommt das Horaz’sche Diktum „ut pictura poesis“ gleich einen fiesen Beigeschmack. Und ja, natürlich ist das nicht ganz unberechtigt: Sowohl Dichtung als auch bildende Kunst können schwer zugänglich sein, opak und verwirrend. Man muss sich Zeit nehmen, sich einlassen und einfach ein bisschen wollen, um belohnt zu werden. Aber eben nicht immer. Poesie ist nicht nur das Gedicht, das Epos, das Drama; das Poetische kann auch im Augenblick liegen, im Unabsichtlichen, im Zufälligen. Man muss nicht viel über Reime, über Schemata, über Horaz oder Rilke wissen, um das Poetische als Gefühl zu spüren. Egal, ob man sich mit Sonetten beschäftigt oder einfach bei einem Spaziergang durch den Wald dem Wind, der durch die Bäume fährt, zusieht, all das kann unglaublich poetisch sein.

In der Kunsthalle Wien widmet sich eine Ausstellung nun der „poetischen Funktion der Sprache“ und ihrem Einfluss auf die bildende Kunst. Jenseits semantischer Eindeutigkeit, also im Bereich der Mehrdeutigkeit, zeigen bildende KünstlerInnen in ihren Werken Einflüsse aus ihrer Interpretation der Poesie. Zur Vorbereitung haben wir das Poetische in der Stadt gesucht, die Augen für witzige, trashige, dadaistische und manchmal auch recht tiefsinnige Sprüche geöffnet, die einem sonst gar nicht so auffallen, weil man sie nicht erwartet.

Donaukanal

 

Donaukanal
1170 Wien

 

Donaukanal

 

Donaukanal

 

1120 Wien

 

Temeswar

Mehr als nur Worte [Über das Poetische] läuft von 8.3 bis 7.5 in der Kunsthalle Wien. Es werden Werke von John Baldessari, Elisabetta Benassi, Nina Canell, Natalie Czech, Michael Dean, Jason Dodge, João Maria Gusmão / Pedro Paiva, Ketty La Rocca, Bruno Munari, Olaf Nicolai, Fernando Ortega, Jenny Perlin, Gerhard Rühm, Olve Sande, Erica Scourti, Michael Snow, Mladen Stilinović und Artur Żmijewski gezeigt. 

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