Der steierische Falter knickt

Das Land Steiermark streicht die Subventionen für die lokale Ausgabe des Falters. Bedeutet das das Aus für die Redaktion in Graz? Ein Blick auf die Medienlandschaft und ein Gespräch mit Kulturlandesrat Buchmann von Julia Melcher.

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In einem Interview mit dem Steiermark-Falter meinte Landeshauptmann Franz Voves Anfang September 2010: "Ich bin der Meinung, wenn die Politik sich weiter overrulen lässt von Wirtschaft und Medien, dann wird es äußerst problematisch in unserem Europa. Entweder die Politik holt sich das Steuerruder zurück oder sie gerät völlig in die Abhängigkeit von Wirtschaftsmächten. Die freie, ungelenkte Marktwirtschaft, die wir in den letzten zwanzig Jahren gelebt haben, kennt nur ein Gesetz: Wer die stärkere Kapitaldecke hat, geht mit den Preisen so lange hinunter, bis er den Kleinen „geschnupft“ hat. Das gilt auch für den Medienbereich. Monopole in Wirtschaft und Medien können zu einer anderen Form von Diktatur führen."

So weit so gut. Ein halbes Jahr später droht der Steiermark-Ausgabe des Falters das Aus. Warum? Weil die finanziellen Förderungen von Seiten der Politik eingestellt werden. Der Vertrag der steirischen Kultur Service Gesellschaft läuft aus und wird nicht erneuert. Das zuerst von der Politik mit-initiierte Projekt, wird somit plötzlich fallen gelassen. "Sparen", heißt das Schlagwort, das hier buchstäblich den Falter erschlägt. Laut dessen Chefredakteur Armin Thurnherr bedeute das die Schließung der Redaktion in Graz, da es der Zeitung an Eigenkapital fehle, mit dem man ein Weiterbestehen finanzieren könne.

Der Kulturlandesrat

Kulturlandesrat Christian Buchmann bedauert diesen Umstand zwar, betont aber im Interview mit The Gap, wie wichtig die "Eindämmung der gallopierenden Verschuldung des Landeshaushalts" sei. Das ist so eine geflügelte aber auch so gallopierend-abgedroschene politische Phrase und erklärt in diesem Zusammenhang überhaupt gar nichts. Denn es scheint ja Geld zu geben, nur wird es anderswo hinein gepfercht (um in der Pferdestall-Metaphorik zu bleiben, die mir da gerdade sehr gut gefällt), aber dazu später. Auf die Frage, ob der Falter für die Stadt Graz ein verzichtbares Medium sei, verweist Buchman achselzuckend auf die Leser:

"Leider ist es dem Falter nicht gelungen, in Graz und der Steiermark die Leser-Akzeptanz durch Abonnements und Insertionen zu finden, die für ein wirtschaftlich eigenständiges Überleben des Projektes notwendig gewesen wäre."

Aha. Nun sind wir also wieder selber schuld daran, dass uns der Falter abhanden kommt. Geht es denn in diesem Fall vordergründig um die wirtschaftliche Vermarktung eines Mediums? Dies wird in der Antwort auf meine nächste Frage verdeutlicht, die da lautet:

"Werden die anderen lokalen Medien ihrer Meinung nach in der politischen und kulturellen Berichterstattung der Vielfalt an öffentlichen Meinungen und Diskursen gerecht?"

Buchmann: "Die ‚anderen lokalen Medien‘ bestehen, weil sie sich am Markt behaupten, sie werden nicht von der öffentlichen Hand finanziert. Die Gewichtung der Berichterstattung erfolgt durch die unabhängigen Redaktionen. Ob sie der Vielfalt gerecht werden, haben die Leserinnen und Leser zu beurteilen."

Gut, Buchmann enthält sich also seiner Meinung und verweist wieder auf die Bevölkerung, so wie es sich für einen Abgesandten der Volkspartei gehört. Aber vor welche Kutsche wird der Journalismus hier bitteschön gespannt? Natürlich ging es immer schon darum, ob sich eine Zeitung verkauft oder nicht. Es besteht ein Wettbewerb zwischen den unterschiedlichen Medien (der allerdings bei den britischen Medien um einiges spannender und amüsanter zu beobachten ist als hierzulande). Das ist alles nicht neu. Aber regelt der Markt wirklich alles, also auch die Pressefreiheit? Muss sich ein Qualitätsmedium wie der Falter überhaupt am "Markt" behaupten? Und im Vergleich dazu: welche der lokalen Medien behaupten sich in Graz am Markt? Der Verdacht liegt nahe, dass es von politischer Seite eben gar nicht so wichtig ist, ein Medium zu unterstützen, das nicht Füße leckend Farbe bekennt.

Design-Investitionen

Da ist es schon verzichtbar, den Fortbestand des Falters zu sichern. Vor allem jetzt, da wir City of Design sind. Da wird die Kultur- und Medienlandschaft schon mal zweitrangig. Für was wir da auf einmal Geld haben. Die gallopierenden Schulden des Landesbudgets werden in eine selbstbeweihräuchernde Kreativagentur investiert, mit dem die Stadt international vermarktet werden soll. Es ist eine Scheinkulisse, vor der sich Bürgermeister Nagl positioniert. Da kommen dann noch 25% Kürzung im Sozialbereich und beim Spitalspersonal dazu, weil irgendwie muss man das Designzeugs ja finanzieren. Um die wiehernden Schulden kümmern wir uns später.

Falter auf!

Fragt sich nur wie lange wir noch dazu Lust haben in diesem schlechten Drama die unmündigen Statisten zu mimen? Jetzt nehmen sie uns auch noch die kritische Stimme weg: das Medium, das diesem Schauspiel die ehrlichsten und schonungslosesten Rezensionen schreibt (außer The Gap und der Murmur-Blog natürlich). Dies ist im politischen Eigeninteresse, deklariert als Opfer fürs Gemeinwohl. Einzig und allein die Stellungnahme aus der Falter-Redaktion lässt uns noch hoffen: "Der steirische Medienszene wird der Falter auch in Zukunft nicht erspart bleiben, offen ist derzeit, in welcher Form er hier erscheinen wird."

Keep on und holt uns hier raus!

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