Praktisch

Mein Notizbuch ist verloren. Alles, was mir irgendwie wichtig erscheint, spreche ich daher die letzten Tage in die Voice-Recorder-App meines Handys.

2. Praktikumstag: Heute kam er gut gelaunt schon um zehn in sein Kämmerchen, begrüßte mich mit "Na, Miss Austria, des nächtens auch so gut gebumst wie ich?!" und bat mich danach, die Audiodatei "schwanzis.wav" zu transkribieren, mit dem Hinweis, dass es ruhig länger dauern kann. Es ist ein schmaler Grat zwischen vermeintlichem Charme und sexueller Belästigung. Gegen 13 Uhr ging er wieder zu Mittag und kam um 16 Uhr wieder. Dann schickte er mich heim.

3. Praktikumstag: Die Datei "schwanzis.wav" ist schrecklich und voll mit störenden Hintergrundgeräuschen. Mein Vorgesetzter sitzt darin in einem Taxi und nuschelt Absurdes ins Telefon: Wenn in einer Sauna in Prag nach einem Aufguss ein Typ zusammenklappt und dann am Rücken liegt und dieser Typ hat wegen einer Laune von Mutti Natur zwei Schwänze, denkt sich jeder, "Ahh, kafkaesk!". Wenn derselbe Typ mit zwei Schwänzen in einer Wiener Sauna am Rücken liegt, kommt sofort der Freud’sche Penisneid ins Spiel. Ich frage, was das soll, hätte aber besser den Mund gehalten. Er spielt weiter zu folgender Stelle: "Penisneid auf Typen mit zwei Schwänzen sind wohl sicher nicht mehr allein ein Mädchending. Zumindest kenne ich keine einzige Frau, die statt einer Scheide lieber zwei Penisse hätte. Bei Männern bin ich mir da nicht mehr ganz so sicher. Zumindest las ich einmal über einem Pissoir den schönen Spruch: ‚Ich wünscht ich wär‘ ein Löwe, dann hätte ich zwei Schwänze, einen schöb‘ ich halb dir rein, den anderen zur Gänze‘. Der zusammengeklappte, zweischniedelige Saunabesucher ist in Wien also eine Art Daddy Issue Deluxe. Wenn man jetzt in Betracht zieht, dass Kafka eine gut dokumentierte, sehr komplexe Beziehung zu seinem alten Herrn hatte, bleibt eigentlich nur ein Schluss: Kafkas Vater hatte zwei Penisse. Ergo sind Wien und Prag miteinander eng verwandt." "Was gibt es da nicht zu verstehen?", blaffte er mich an, ging zu Mittag (Rückkehr 16.30 Uhr) und schickte mich dann heim.

4. Praktikumstag: So hab ich mir die Medienwelt nicht vorgestellt. So nicht. Dummerweise erwähnte ich beim Transkribieren der Datei "einkaufsliste.wav", dass ich Probleme habe, Klopapier zu kaufen. Er schlug mir sofort einen Deal vor. Folgender Dialog entspann sich: "Ich hol deine Toilettenrollen und du Miss Austria besorgst mir im Drogeriemarkt Schwämme und Einweghandschuhe?" "Warum? Wollen Sie nicht, dass man glaubt, Sie putzen selbst?" "Nein, ich will nicht, dass man glaubt, ich bau mir daraus Taschenmuschis." Danach zeigte er mir auf Youtube ein Video, wie man aus Schwämmchen und Einweghandschuhen einen Masturbator bastelt. Dann schickte er mich heim. Der hat sie ja nicht mehr alle. Beim Gehen kündigte ich an, dass ich über meine Praktikumszeit bei ihm auf immanuelaprakticunt.blogspot.com schreiben werde.

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