Praktisch

Mein Notizbuch ist verloren. Alles, was mir irgendwie wichtig erscheint, spreche ich daher die letzten Tage in die Voice-Recorder-App meines Handys.

Aus rechtlichen Gründen werden Artikel aus unserem Archiv zum Teil ohne Bilder angezeigt.

Eine berechtigte Frage, die sich hier nun aufdrängt könnte vielleicht so lauten: "Warum kauft er sich denn kein neues Notizbuch? Ein feines Moleskine vielleicht, oder was anderes, billigeres von gleicher, wenn nicht sogar besserer Qualität?" Nun, ich kann die Antwort gerne geben. Ich hab sie nämlich in mein Handy gesprochen. Hier die dazu gehörende Stelle, die ich fast 1:1 transkribiert habe. Damit ein jeder gleich weiß, öha, jetzt wird mit harten Dokumenten gearbeitet, will ich diese Passage kursiv wiedergegeben.

Warum kauf ich mir denn kein neues Notizbuch? Ein feines Moleskine vielleicht, oder was anderes, billigeres von gleicher, wenn nicht sogar besserer Qualität? Schon mal was von Nachhaltigkeit und bewusstem Konsum gehört? Ich muss die Zeit abwarten, die es benötigt hätte, das verlorene Notizbuch zu füllen. Erst dann kann ich mir gestatten, ein neues zu kaufen. Damit Mutti Natur schön im Gleichgewichti bleibt.

Hochinteressant ist, was mir beim Transkribieren aufgefallen ist. So wie ich oft meine Schrift nicht entziffern kann, verstehe ich beim Abhören der Sprachaufzeichnung streckenweise kein Wort. Meine Klaue geht beim Medienwechsel nahtlos in Lalle über. Für die 63 Worte oben brauchte ich glatt 43 Minuten. Das ist mir – mit Verlaub – nicht zumutbar, weswegen ich gleich einmal eine Praktikantin angefordert habe. Zum Abtippen. "Hipness nicht von Nöten, schickt mir was Bäuerliches, Kuhäugiges", deponierte ich per Depesche in der Chefredaktion, die meinem Wunsch prompt Folge leistete. Tja, die feinen Herrn dort oben wissen halt, dass ein derart edler Geist wie meiner gehegt, umsorgt, ja gepampert gehört, auf dass es nur so aus ihm raussprudle.

So, und weil sich edle, feine Geister auch mal kleine Auszeiten gönnen müssen, hab ich der Praktikantin gesagt, sie soll meine Audiodateien nicht nur transkribieren, sondern gleich auch eine Kolumne schreiben. Sie starrte mich zwar fassungslos an aus ihren feuchten Kuhaugen, aber ich versicherte ihr, dass ihre begrenzten Fähigkeiten sicherlich ausreichen, um Tagebucheinträge auf Papier zu bringen. Ist wie Facebook oder twittern, nur dass es unterm Strich eh keiner liest, beruhigte ich das unerfahrene Ding mit meinem Medieninsiderwissen.

1. Praktikumstag: "Augen zu und durch, er ist ein wenig schwierig, aber du schaffst es", gab man mir mit auf den Weg und stellte mich um 9.30 Uhr im Büro des Kolumnisten ab. Der tauchte erst zwei Stunden später auf. Verkatert. Nuschelnd und stotternd stellte er sich vor und tat sich schwer mit Augenkontakt. Immerzu starrte er mir ins Dekolletee. Schwierig? Schmierig trifft es wohl eher. Um Punkt zwölf ging er auf Mittag, kam um 15 Uhr wieder und gab mir dann frei. Witzig: er wollte gar nicht wissen wie ich heiße, fragte nur nach meinem Studium. Als ich Austria Studies sagte, lachte er lang, laut, freudlos und hieß mich, ihn ab nun zu siezen.

Newsletter abonnieren

Abonniere unseren Newsletter und erhalte alle zwei Wochen eine Zusammenfassung der neuesten Artikel, Ankündigungen, Gewinnspiele und vieles mehr ...