Diese Doppel-DVD ist ein interessantes Lehrstück für alle, die wissen wollen, was über die Jahrzehnte aus Industrial geworden ist.
Englands unfreundliche Industriezonen waren Ende der 1970er Jahre der Ausgangspunkt für radikale ästhetische Konzepte, die Musik, Video und Performance vereinten. Schock und Verstörung waren die programmatische Grundlage. Cabaret Voltaire galten gemeinsam mit Throbbing Gristle oder SPK als wichtige Vertreter dieser Denkschule. Der damals noch unbekannte Regisseur Peter Care drehte 1983 "Johnny YesNo" zur Musik von Cabaret Voltaire: videoclipartige Sequenzen in einer an Trash-Filme der 60er angelehnten Bildsprache. Die Bilder zeigten Blut, Alpträume, Drogen und eiskalte Entfremdung. Die Tonspur war roh, laut und repetitiv: schmutzige Vorboten von Techno.
Das Remake davon wurde in Los Angeles gedreht. Und damit ist auch schon das meiste gesagt. Die ursprünglichen Ideen wirken in der neuen aufpolierten Ästhetik gekünstelt, die Darsteller wie Models, die losen Enden der Geschichte werden unnötigerweise erklärt und die Remixes des Gründungsmitglieds Richard H. Kirk versuchen an den Mainstreamgeschmack anzuschließen. Was ist bloß aus Industrial geworden?