Der ewige Literaturnobelpreiskandidat Philip Roth fügt seinem jüngsten Erzählzyklus eine weitere Studie über menschliche Seelenqualen hinzu.
Nemesis komplettiert eine Reihe schmaler Romane, in denen der Autor gekonnt in Abgründen stochert. Dieses Mal stößt er einen jungen Sportlehrer hinein. Der ist aufgrund einer Sehbehinderung im Zweiten Weltkrieg nicht als Soldat eingezogen worden und sieht sich mit einer Polio-Epidemie konfrontiert, die vor allem rund um seinen Sportplatz Opfer fordert. Als er zu seiner Verlobten aufs Land zieht, verfolgt ihn die Kinderlähmung und es treten auch dort die ersten Fälle auf. Schließlich erkrankt er selbst. Damit beginnt der körperliche und seelische Verfall des einst so kräftigen Mr. Bucky Cantor. Der aktuelle Band enthält alles, was die Literatur von Philip Roth ausmacht: Einen Plot, der sich langsam entwickelt und in dem er seine Figuren fast genussvoll leiden lässt, eine fiktive Handlung, angesiedelt in der jüdisch geprägten Realität von Newark und vor allem eine Sprache, die Alltagszenen ebenso präzise und unaufgeregt beschreibt wie das Hadern seiner Figuren mit der Vorsehung (oder dem Zufall). Was Nemesis aber fehlt, sind die kunstvollen Haken, die Roth sonst in seine Geschichten einbaut. Die Handlung ist über weite Strecken vorhersehbar.