676 Erscheinungen von Killoffer

Autobiographien im Comic sind meistens im Bereich des Real Life Genres angesiedelt. Autor erzählt über sein Umfeld, sein Liebesleben, seinen Job, seine Sorgen und Nöte und den ganzen Rest. Ob jetzt Harvey Pekar sein halbes Leben zeichnen lässt, Joulie Doucet von ihrem Umzug nach New York berichtet oder Marjane Satrapi in Persepolis ihre Kindheit im […]

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Autobiographien im Comic sind meistens im Bereich des Real Life Genres angesiedelt. Autor erzählt über sein Umfeld, sein Liebesleben, seinen Job, seine Sorgen und Nöte und den ganzen Rest. Ob jetzt Harvey Pekar sein halbes Leben zeichnen lässt, Joulie Doucet von ihrem Umzug nach New York berichtet oder Marjane Satrapi in Persepolis ihre Kindheit im Iran thematisiert, abstrakt wird es selten. Eher Dokumentation der eigenen Vergangenheit bzw. des eigenen Tagesablaufs. Der Franzose Killoffer wagt mit seine 676 Erscheinungen nun ein gerade zu radikal anmutenden Gegenentwurf: Die anderen, die er während eines Aufenthaltes in Quebec trifft, sind für ihn Staffage. Oft noch nicht mal mehr als etwas aufwendigere Piktogramme. Es geht um ihn, Killoffer, in all den Aspekten und dunklen Seiten die seine Seele anzubieten hat. Und um die Frauen, den Dreh- und Angelpunkt seiner Überlegungen. Frauen, die ihn ignorieren, ihn auflaufen lassen, gewissenhaft seinen Blicken ausweichen, nur mit Post-its bekleidet sind und ihn ins Schwitzen bringen. Und während er über die Frauen im allgemeinen und sich im speziellen philosophiert, verliert die Umwelt immer mehr an Bedeutung und er versinkt in einem Mikrokosmos voller Killoffers. Killoffers die all das tun, was er noch nicht mal zu denken im Stande ist. Sie belagern seine Wohnung, schlafen in seinem Bett, verfolgen ihn, prügeln sich, kotzen und vergewaltigen. Wie viele Seiten hat eine menschliche Persönlichkeit und was brauch es um diese aus den Untiefen der Seele hervorzuholen? Mit einem Strich irgendwo zwischen den Schwarz-Weiß Zeichnungen eines Ulf K. und der klassischen Line Claire, versucht Killoffer seiner selbst Herr zu werden. Klar zu kommen. Mit sich selbst und all dem Seelenscheiß den man so mit sich rumträgt. Nur um Ende einzusehen, dass man vielleicht vor sich selbst weglaufen kann, der schmutzige Abwasch aber trotzdem auf einen im heimischen Paris wartet.

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