»Amer« ist ein surrealer Kunstfilm auf Spielfilmlänge: Visuell bestechend, sexuell aufgeladen und zugleich erschreckend inhaltsleer.
Das französiche Regieduo Hélène Cattet und Bruno Forzani lässt in drei Kapiteln die sexuelle Entwicklung Anas an der französischen Riviera Revue passieren. Zeigt sich der erste Abschnitt – in der Ana als Kind Erfahrungen mit Tod und Sex ihrer Eltern macht, noch mystisch und interessant – verkommt der Film zunehmend zu einer voyeuristischen Abhandlung. »Amer« lebt vor allem von seinen intensiven Bildern. Die Kamera blickt den Protagonisten direkt ins Auge, ist übertrieben nah am Körper. Farbwechsel, Detailausschnitte und ungewöhnliche Perspektiven dominieren die Bildsprache und werden mit Anas Heranwachsen zunehmend sexuell aufgeladen. Kaum vorhandene Dialoge machen den Bilderreigen sogar noch präsenter. »Amer« steht in der Tradition italienischer »Giallo«-Filme, einer speziellen Form des Thrillers mit intensiver Gewalt und voller psychosexueller Fantasien, wie sie unter anderem Dario Argento prägte. Leider bleibt trotz der innovativen Bildsprache die Aussagekraft wie all das körpernahe Getue oberflächlich. »Amer« verharrt als ein auf Spielfilmlänge aufgeblasener Kunstfilm, der sich um bloße Ästhetik schert und der seine inhaltlichen Mängel nicht in der Lage zu überspielen ist.