Respektvoller Abschied
Zum 78. Geburtstag von Johnny Cash veröffentlicht Rick Rubin die letzten gemeinsamen Aufnahmen. Schön, aber auch nicht unbedingt nötig.
Wie auch immer es geplant war, für diese letzten gemeinsamen Aufnahmen von Johnny Cash und Rick Rubin haben sich die beiden in amerikanische Gospel- und Folk-Traditionen vertieft. Bis auf den „Redemption Song“ von Sheryl Crow und Kris Kristoffersons „For The Good Times“ sind unter den gecoverten Interpreten / Songwritern wenig moderne, auch heute bekannte Namen. Aufgenommen wurde „American VI“ gleichzeitig mit dem Vorgänger und mit den gleichen Musikern: den Gitarristen Mike Campbell, Matt Sweeney, Smokey Hormel und dem Keyboarder Benmont Tench. Es ist aber nicht die Songauswahl, die dem Hörgenuss einen komischen Beigeschmack gibt, sondern die Tatsache, dass wohl beides gilt: Unter den vielen Möglichkeiten, nach dem Tod von Johnny Cash noch Platten zu veröffentlichen, ist dies wohl eine der würdevollsten und schönsten. Gleichzeitig fügt „American VI“ der Reihe aber nichts Essentielles mehr hinzu. Große Nummern, vorgetragen mit Konzentration und Souveränität – aber auch alle schon sehr ruhig und bei aller Kraft, die dieser Mann immer in seinem stimmlichen Ausdruck hatte, einfach auch schon ein bisschen müde.
Während der Aufnahmen der letzten beiden Alben starb seine Frau June Carter Cash und Johnny selbst wusste wohl, dass Parkinson auch sein Leben tendenziell bald beenden würde. Zu dieser Stimmung passt die Songauswahl, die wie immer die ganz großen Themen behandelt und die in schönen Texten letztlich das Leben in all seinen Facetten feiert. Sammler bekommen hier wieder großartige Songs, eingesungen von einem der einzigartigsten Künstler des 20.Jahrhunderts – aber die wissen das schon und ich wage die Wette, dass diese aber auf lange Sicht eher andere Alben hervorholen werden als „American VI“.