Detroit Houser Rick „The Godson“ Wilhite zeigt auf seinem Debüt warum er seit jeher zu den ganz großen Motorcity-Legenden gehört. Jetzt schon Anwärter auf den Titel „Platte des Jahres“.
Normalerweise gehören biographische Details in Pressetexte und haben in Reviews nur dann etwas verloren, wenn sie erklärend auf den Plan treten. Im Falle von Rick Wilhite macht das ausnahmsweise Sinn. Rick Wilhite ist seit Ewigkeiten mit von der Partie, aber was Alben betrifft ein Spätberufener. Stars wie Theo Parrish oder Marcellus Pittmann geben sich auf „Analog Aquarium“ die Klinke in die Hand. Das wundert kaum, denn sie gehören zum Freundeskreis des seit den 80ern aktiven Produzenten. Gemeinsam mit Moodymann, Pittmann und Parrish betreibt Wilhite seit den 90ern das Producer-Kollektiv 3 Chairs. Um die Gründungszeit dieser Supergroup machte sich Wilhite mit einigen Maxis auf dem KDJ-Label von Moodymann einen Namen unter Detroit-Nerds und Vinyl-Junkies. Im Gegensatz zu seinen Kollegen brachte es der ehemalige Plattendealer des legendären Vibes-Recordstores allerdings nie zu wirklichen Starruhm. Dieser Umstand änderte sich erst kürzlich als das hollandische Label Rush Hour in seiner Reissue-Manie alte Platten des Produzenten wiederauflegte, ihn eine vielumjubelte Compilation in Gedenken an seinen ehemaligen Plattenladen Vibes compilieren ließ und ihn so ins kollektive Bewusstsein aller Techno- und House-Fans katapultierte.
Deeper souliger House, wie ihn Wilhite und Freunde immer schon machten, wurde im Zuge der großen House-Rennaissance zu einer Art Über-House hochstilisiert. Alle Tänzer, DJs und Produzenten, die etwas auf sich halten, verehren diese Musik wie etwas Heiliges. Auch wenn das nach Verklärung duftet, reiht man sich in Anbetracht der Musik von Rick Wilhite gerne in den Reigen dieser kritiklosen Jünger ein. „Analog Aquarium“ ist ein zeitloses Meisterwerk. Es atmet den Maschinensound von Detroit Techno ebenso, wie den Soul und Groove alter Motown- und Jazz-Platten und dreht seinen Kopf zeitweise sogar Richtung House-Hauptstadt Chicago ohne sich dabei den Hals zu verrenken. Völlig unprätentiös und mit Leichtigkeit streut The Godson sämtliche Einflüsse in seine Kompositionen ein. Deep ist hier absolut wörtlich zu nehmen und nicht nur eine schicke Pressetext-Zuschreibung.
Teilweise franst Ricks Musik stilmäßig aus wie Free-Jazz, ist dabei aber nie unsicher oder verschwurbelt. Wilhite weiß wie er sein Wissen und seine musikalischen Visionen unter einen Hut bringt ohne dabei geschmäcklerisch oder altklug zu wirken. Hier ist alles von Soul und der Liebe zu House-Musik durchzogen. Ein hochmusikalisches Künstleralbum das schillert wie ein Pfau zur Paarungszeit. Wilhite ist Godfather Moodymann auf seinem Debüt-Album mindestens ebenbürtig. Im Vergleich zu Moody fehlt ihm einzig und allein die Haarpracht.