Hip-Hop Beats und Honky-Tonk: Das New Yorker Folk-Brüderpaar verirrt sich auf dem Weg nach Disneyland in zweifelhaften Integrations-Experimenten.
Die Brüder Ian und James Felice haben einen steilen Aufstieg hinter sich: Ihr puristischer Gitarrensound führte das Brüderpaar als Straßenmusiker über die amerikanische Provinz ins Herz der New Yorker Freak Folk-Szene und kulminierte in einem Auftritt am legendären Newport Folk Festival – welches unter anderem dafür bekannt ist, vor langer Zeit einen schmächtigen jungen Burschen namens Robert Zimmermann berühmt gemacht zu haben. Die Erwartungen in ihren dritten Longplayer “Celebration, Florida“ sind dementsprechend hochgesteckt.
Die Felice Brothers thematisieren auf dem Album die Eindrücke einer penibel instrumentalisierten, hochtechnologisierten Spießbürgerlichkeit: Das real existierende und in der Mitte Floridas gelegene Celebration ist eine typisch amerikanische Reißbrett-Kleinstadt – was sie von anderen, im Sinne des New Urbanism aus dem Boden gestampften Planstädten für die gehobene Mittelklasse unterscheidet, ist, das sie von der Walt Disney Company exklusiv für die 3000 Mitarbeiter ihres nahegelegenen Vergnügungsparks geplant und realisiert worden war.
Der Songzyklus beschäftigt sich folglich mit dem Sein und Schein in der Welt des amerikanischen Tagtraums zwischen Micky-Maus und Zuckerwatte. Das lyrische Setting ist jedoch kein Grund zur Panik – denn das musikalische Spektakel leidet an etwas ganz anderem. Nicht die ironisierte Biederkeit ist es, die den Felice Brothers auf “Celebration, Florida“ zum Verhängnis wird, sondern nicht enden wollende, höchst zweifelhafte Integrations-Experimente von elektronischen Sounds und Bubblegum-Pop ins Folk-Geschrammle. Gab sich das Vorgängeralbum “Yonder Is The Clock“ noch als grundsolides Country-Rock Statement, tönt “Celebration, Florida“ im Vergleich wie das Werk einer völlig anderen Band. Die Ansammlung scheinbar zeitgemäßer Klänge zwischen Hip-Hop Rythmen und Nine Inch Nails-artigen Industrial-Beats schlug hier mehr als fehl und lässt im Prinzip gute Songs wie “Back In The Dancehalls“, “Honda Civic“ oder “Oliver Stone“ auf das Niveau eines Rummelplatz-Soundtracks für XXL-T-Shirt-Träger mit Dreifach-Kinn verkommen. Fazit: Nicht ganz so schlimm wie Robert Zimmermann in seiner Jesus-Christus-Phase, aber fast.