Stichwort: Elektronik
Vampire Weekend klingen weniger erruptiv, aber dafür elektronischer. Der Qualität tut das keinen Abbruch. Im Gegenteil.
Vampire Weekend haben eine interessante Pop-Platte gemacht. Schon wieder. Die Fachpresse zeigte sich beim Debüt 2008 mehr als begeistert und schmückte ihre melodieverliebte, mit Afro-Beat unterfütterte, zackige Post-Punk-Gitarrenmusik mit Begriffen wie „Upper West Side Soweto“. Das Auftreten der Band als selbstbewusste NYC-College-Absolventen in Preppy-Chic schien besonders in Indie-Kreisen genauso ungewöhnlich wie ihr Sound. Segelschuhe, pastellfarbene Polo-Shirts und sportlich-biedere Hemd-Hosen-Kombinationen à la Ralph Lauren oder Lacoste traf man dort zuvor eher selten an. Was das Cover von „Contra“ betrifft, auf dem ein 1983er-Foto einer jungen blonden Frau in Polo-Shirt zu sehen ist, steht das neue Album optisch ebenfalls in dieser Tradition. Musikalisch tritt die Band allerdings ein wenig anders in Erscheinung.
„Contra“ ist ein rund 36-minütiges Werk geworden, dessen zehn Songs vor allem durch ein Mehr an Elektronik und Komplexität bestechen. Ersteres dürfte auch dem Einfluss von Keyboarder Rostam Batmanglij geschuldet sein, der im Juli 2009 gemeinsam mit Wes Miles von Ra Ra Riot sein elektronisches Projekt Discovery mit dem Debüt „LP“ präsentierte. Zweiteres, die komplexer gewordenen Songstrukturen, könnten als Reifungsprozess verstanden werden. Doch abgeklärt klingen Vampire Weekend deshalb nicht. Denn gerade die neuen Kompositionen wirken auch bei dichteren Arrangements stets spielerisch; nicht umsonst wird das knackige Upbeat-Stück „Cousins“ die erste Single. Immer noch werden Hawaii-Gitarren mit polyrhythmischen Percussions, Streichern, Cembalo, Orgeln, Piano und anderem Geklimper in Einklang gebracht. Diesmal gesellen sich aber vermehrt Keyboards, Synthesizer oder Drumcomputer dazu, was den Beats, vor allem gemeinsam mit den mehrstimmigen Gesängen und rollenden Bässen, einen volleren und weniger trockenen Klang verleiht. Entfernt erinnern diese Sound-Sphären an Animal Collective und Co. Doch bei all der hörbar selbstsicheren Experimentierfreude sorgt vor allem die routinierter und ruhiger gewordene Stimme von Ezra Koenig (bei „California English“ sogar in AutoTune zu hören) für Abwechslung und Widererkennungswert. Vampire Weekend haben ihren genuinen Sound konsequent weitergeführt und gleichzeitig zu mehr Elektronik gefunden. Die Farben der Polohemden scheinen greller zu werden. Ihren Trägern steht das nach wie vor gut.