Reich an Musik, Ideen und Standpunkten: Die Goldenen Zitronen legen mit „Die Entstehung der Nacht“ wieder einmal ein höchst aktuelles Album vor.
Die mancherorts angedeutete Neuerfindung der Goldenen Zitronen findet auf „Die Entstehung Der Nacht“ nicht statt. Sie wäre aber auch komplett unnötig. Die Band ist seit 25 Jahren aktiv und weltweit eine der ganz wenigen Formationen, von der ohne Zögern behauptet werden kann, dass sie nie stehen geblieben ist und immer aktuell und unbequem war. Das gilt auch für "Die Entstehung Der Nacht": Musikalisch offen und breit andockend texten sich die Goldenen Zitronen durch ein Jetzt, klagen an, analysieren, legen offen. Mal sloganhaft, ohne jemals billig zu sein, dann wieder leicht assoziativ und natürlich gerade da immer anspruchsvoll und zum mitgehen und mitdenken einladend.
Die gern beschriebene musikalische Öffnung in Richtung Krautrock bedeutet in erster Linie, dass viele Nummern auf „Die Entstehung der Nacht“ nicht nur kraftvoll und mitunter auch musikalisch fordernd und unangenehm sind, sondern dass es einen Groove gibt, der immer wieder mal bei den Goldenen Zitronen da war, hier aber eine neue Qualität erreicht und der Musik gekonnt eine zusätzliche Ebene verleiht. Nach den ersten Hördurchgängen, wenn die Songverläufe und Texte beginnen sich im Kopf festzusetzen, dann kommt diese Ebene zum Vorschein, die das Album fast schon einladend tanzbar macht und ihm zuweilen eine beinahe leichte, lockere Note verleiht. Textlich gibt es hier hingegen Lieder zur Krise („Börsen Crashen“), Beziehungen („Positionen“), Jörg Haider („Des Landeshauptmann’s letzter Weg“) und natürlich jede Menge fundierte Ansichten und Ideen zu Gesellschaft. Dass Mark Stewart (Postpunk-Ikone) und Melissa Logan (Chicks On Speed) zu Gast sind und Michaela Melián von FSK „Beautiful People“ covert, macht „Die Entstehung der Nacht“ noch mal reicher. Die Goldenen Zitronen haben also wieder einmal ein fantastisches Album vorgelegt und bleiben damit ohne Abstriche die eingangs beschriebene Ausnahmeerscheinung.