Eigensinn vom anderen Ende der Welt
Das neuseeländische Band-Kollektiv spinnt den Faden von Reggae, Dub und Soul immer weiter und pfeift dabei auf Formate und Konventionen.
Fat Freddy‘s Drop sind für Neuseeland in etwa das, was Björk für Island ist: der größte internationale Musik-Export und damit so etwas wie eigenbrötlerische Nationalhelden. Vier Jahre nach ihrem Debüt, das in ihrer Heimat achtfaches Platin erreichte, legt das siebenköpfige Kollektiv aus Wellington den Nachfolger vor. Schon die knapp 70 Minuten Spieldauer bei nur neun Tracks zeigen: diese Band lässt sich Zeit. Kein Hudeln, kein Hineinpressen; auch nicht für die Plattenfirma. Das zweite Album erscheint komplett im Eigenverlag, Tracks, die schon mal zehn Minuten dauern, passen weder in die gängigen Raster der Musikindustrie noch zwischen die Jingles und Werbeminuten der Formatradios.
So eigensinnig der Rahmen, so schwer ist der Sound von Fat Freddy‘s Drop einzuordnen, der sich vor allem in ausgedehnten Live-Jams ausgebildet und auf zahlreichen Reisen weiterentwickelt hat. Einige Songs werden von entspannten, elektronischen Reggae-Vibes getragen und, wie in diesem Genre üblich, durch tiefe Bässe und satte Bläser aufgefettet (Trompete, Posaune und Saxophon sind Teil der Standard-Besetzung). Idealtypisch auf den Punkt gebracht wird das in den Synth-Reggae-Bomben „The Raft“ und „Pull The Catch“. Dubbige Passagen gehen damit häufig Hand in Hand. Der Opener klingt so sehr nach qualitätsvollem Nu Jazz, dass es nur folgerichtig erscheint, dass Fat Freddy‘s Drop anfänglich vom Jazzanova-Label Sonar Kollektiv unterstützt wurden, oder ihr Erstling „Based On A True Story“ von Gilles Peterson zum „Worldwide Album of the Year“ gekürt wurde. Andernorts wiederum erklingen Blues-Gitarren, die sich irgendwann in New Orleans-Jazz und Dixieland auflösen. Als bindende Klammer über all die Genre-Ausflüge dient Joe Dukees sehr sanfte Soul-Stimme, die (ab und an vielleicht etwas süßlich) auch in US-amerikanische Mainstream-R’n‘B-Produktionen passen würde, aber gemeinsam mit den ausgefeilten Arrangements für das letzte Quäntchen an Markanz sorgt, die dieser Band und diesem Album ein zuverlässiges Alleinstellungsmerkmal verschafft.