»Formen der Verstörung« ist eine Sammlung von Erzählungen der amerikanischen Autorin Lydia Davis, die bei einigen als postmoderne Stilvirtuosin, grandiose Menschenbeobachterin und so weiter gilt.
Die exemplarische dreiseitige Titelgeschichte musste ich mir viermal durchlesen, um endlich zu kapieren, dass es darum geht, dass zwei Telefongespräche zwischen vier Menschen eine wechselseitige wie allgemeine und übereinander verkreuzte kleine Verstörung ausgelöst haben. Wenn einmal nicht übereinander gelagerte Reziprozitäten das Thema und der Vortrag sind, lässt Davis zum Beispiel »Kafka selbst sprechen«. Das hört sich dann so an: »Ich liebe deutschen Kartoffelsalat aus guten, alten Kartoffeln und Essig, obwohl er schwer und ein solcher Hammer ist, dass es mir, bevor ich überhaupt noch davon gekostet habe, schon ein wenig schlecht wird.« Kafka selbst so sprechen zu lassen, ist freilich eine etwas eigenartige, um nicht zu sagen, misslungene Art, etwas zu tun. »Wem es in der Literatur um eine Erforschung des Denkens geht, um eine Erkundung unserer Fantasie- und Geistestätigkeiten, um den Imaginationsraum, den jedes Erzählen zu öffnen in der Lage sein sollte, für den sind die Geschichten von Lydia Davis Schatzkammern literarischer Erfindung«, so der Klappentext. In der Geschichte »Einen fahren lassen« räsoniert die Erzählerin auf knapp zwei Seiten darüber, ob wohl der Hund oder der Ehemann eben gefurzt hat, und was das jeweils wohl für Konsequenzen nach sich ziehen würde, sollte das eine oder eben das andere zutreffen.