Fremdwörterbuchsonette

Fast könnte hier eine Besprechung von Ann Cotten, bekanntermaßen selbst im Gap-Konzern tätig, in den Verdacht der Gefälligkeitsrezension geraten, wenn nun aber jemand mit 25 bei Suhrkamp debütiert, dann können wir aber doch auch nicht so tun, als wenn nichts wäre.

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Unangebrachte Höflichkeit wäre bei der Wahlberlinerin jedoch gar nicht nötig, „Fremdwörterbuchsonette“ ist Lyrik auf der Speerspitze junger deutscher Dichtkunst. Wer beim einem großen Internetversandhaus Cotten kauft, hat auch Winkler, Rinck, Popp, Albrecht, Lentz (hä?) und Bella Triste im Einkaufskörbchen. Heutzutage, wo eigentlich niemand mehr so recht beurteilen kann, ob das mit den Terzetten und Quartetten denn so stimmt, Sonette zu schreiben, zeugt schon mal nicht von speziell kriecherischer Haltung. Wenn dann der Durchschnittsuser auch noch zumindest ein Wort pro Gedicht erst nachgooglen muss, fällt dem Feuilleton natürlich nichts anderes ein, als den Haarschnitt zu thematisieren und Wunderkind zu schreien. Macht aber nichts, das ernsthafte und unpathetische Anliegen, mal wirklich daran zu arbeiten, wie viel wirkliche Wirklichkeit die Sprache aushält und vice versa zeitigt mitunter das Interessanteste, was in deutscher Zunge derzeit so passiert. Man darf sich „Fremdwörterbuchsonette“ also als eine Mischung aus Petrarca, Opitz und dem frühen Distelmeyer (wenn er heute noch mal jung wäre) vorstellen. Wir freuen uns auf noch mehr „Gedanken, welche wieder kleine Sonnen zieren“

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