Heinz Strunk in Afrika

Saufen, Daddeln und Dahinsiechen
Hauptsache, der Heinzer hat wieder mal geil abgeliefert.

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Heinz Strunk ist bekannt als Teil des Telefonterror-Kollektivs Studio Braun, von seinen Helge-Schneider-Weiterentwicklungs-Hörspielen, seinem im Hochzeits-Mucker-Milieu angesiedelten Erfolgsroman »Fleisch ist mein Gemüse«, dem Coming-of-Age-Klassiker »Fleckenteufel« und der Weltekel-Eloge »Die Zunge Europas«. Und so will bei jeder Strunk-Veröffentlichung nur festgestellt werden, ob der Heinzer wieder »geil abgeliefert« hat, wie man in Fankreisen sagt. Den Eiligen also gleich voraus: »Heinz Strunk in Afrika« wird Bekehrte nicht enttäuschen und Neulingen einen würdigen Einstieg ins Werk bieten.

Während er in »Die Zunge Europas« noch einen verkrachten Gagschreiber pseudonomisiert durch ein Leben zwischen Saufen und hormonellen Zwängen taumeln lässt, fährt diesmal die Figur Heinz Strunk selbst auf Urlaub nach Kenia. Zur Seite steht ihm ein gewisser C., der beängstigend eindringlich an einen österreichischen Rundfunk-Star gemahnt. Dessen spröder Charme zeigt sich dadurch, dass er die Kommunikation mit seinem Urlaubsleidensgenossen überwiegend auf SMS mit Fragezeichen beschränkt, die er bei fünfminütiger Verspätung zur Verabredung an der Hotelbar verschickt. Urlaubsleidensgenossen, denn Strunk und C. leiden am Leben, an den eigenen Ängsten und Zwängen und wursteln sich doch erstaunlich gut gelaunt durch. Der Urlaub ist zuerst eine ereignislose Mischung aus Rentnerhölle, Arbeit an einem Film-Treatment im Pudel-Milieu, Saufen, Krankheit und Glückspiel. Jeden Abend heißt es ab in die Spielcasinos, stundenlanges hirnlos-stures Sitzen vor Glücksspiel-Automaten. C.’s Vorliebe für »Die Kugeln«, seine liebste Automatenart, führt die beiden in die bislang ignorierte Welt jenseits der Gehweitenentfernung vom All-Inclusive-Club. Und das Desinteresse der Glücksritter an ihrer Umwelt führt sie mitten hinein in die nach den örtlichen Wahlen ausbrechenden kriegsähnlichen Zustände.

Diese Wendung gelingt erstaunlich gut: Die Figuren kommen in den turbulenten Zuständen genauso schlecht zurecht wie zuvor, eine peinlicher Schluss à la »saturierte Westler erfahren läuternde Extremsituation« bleibt aus. Das Buch will nicht hohe Literatur sein, übrig bleiben nur »… schöne neue Worte: Kaffeerund. Nachwassern. Dienstreise. Sitzbad.« Der Roman gewinnt trotz Strunks reduzierter und aberwitziger Sprach-Seziererei vor allem durch die – kein Witz! – berührende Schilderung einer Freundschaft zweier Menschen, die wissen, dass alles nichts hilft. Aber das zu wissen, hilft eben auch nichts.

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