Entfremdung, Überforderung, Verwirrung: Max Müller und Mutter führen wieder ihren kleinen Krieg der Worte und sind dabei unverhohlen wie eh und je.
Wer die Berliner Band bis heute noch nicht kennt/mag, wird sie auch mit dem neuen Album „Mein kleiner Krieg“ nicht kennen/lieben lernen. Mutter ist nämlich leider genau diese Band, die kaum jemand kennt, weil bei klugen deutschen Texten alle nur an Blumfeld, Kante und Tocotronic denken. Mal ehrlich, über Mutter eine Kritik zu verfassen ist genauso aberwitzig wie die Frage, ob man sich nun Butter auf’s Brot schmiert bevor man die Wurst drauflegt. Mutter mag man oder hasst man, da braucht es keine Wertungen. Von niemandem. Man ist gewissermaßen auch müde, es den Leuten immer wieder zu erklären, warum diese Band gute Musik macht, warum die wichtig sind. Sei’s drum, einmal noch:
Mutter machen aus den 42 Minuten auf „Mein kleiner Krieg“ erneut genau das, was man von ihnen erwartet: einen Räuberfraß im Kinderheim. Egal ob man sie kennt oder nicht, egal ob man sie liebt oder hasst. Mutter sind nach wie vor brachial, schleppend und ungemütlich. Max Müller und der Rest der Band zeigen, dass deutsche Songs auch ernst gemeint kritisch, lakonisch und verzweifelt sein können und ziehen der restlichen, gegenwärtigen Independent Musiklandschaft in Deutschland, wie Frittenbude, Bratze und der Rostock Jenni mit voller Wucht ein’s über die Rübe. Gut so!
Vielleicht liegt die erneute, stets prominente Härte in den Songs auch am Geist der Toscana. Denn genau dorthin hat sich die Band bewegt, um, so wie 1996 „Nazionali“, ihr Album zu produzieren. Aber eigentlich kann es sich nur um das Songwriter-Phänomen Max Müller handeln. Als einzige Ausnahme auf dem Album gilt das Lied „Von dem schönen Schein und dem dummen Sein“. Hierbei tun Mutter eine Reise in die weniger triste, etwas lebendigere Poplandschaft und klingen dann schon fast ein wenig wie Andreas Dorau. Dass das Stück nur poppig klingt, die Message jedoch eine ganz andere ist, beweist der Text: „Ich habe nichts zu sagen/ Mein Herz ist kalt und leer/ Ich sitze alles aus/ Doch langsam kann ich auch nicht mehr“. Ganz Mutter eben.
Und wenn es draußen kalt und vom Herbst einem übel wird, und man sich die Frage stellt, was das alles soll, dann tut Mutter genau das, was Mutter tun muss: sie versteht einen! „Kennst du die Stimme/ die sagt, wohin die Reise geht/ Kennst du die Stimme/ die tief in dir die Wahrheit spricht/ Du kennst sie leider nicht“, raunt Max Müller immer und immer wieder in „Stimmen“. Das Ganze eingebettet in ein Meer aus Gitarrenlärm, das langsam und eiskalt zehn Minuten lang vor und zurück wogt. So findet man schließlich Trost in Mutters Schoß. Danke Mutter, du bist und bleibst die beste deutsche Band der Welt!