Milk Famous

Von jedem Grat befreit
»Milk Famous« von den White Rabbits bietet solides Handwerk und wirkt dabei wie der belanglose Nachfolger von Radioheads »In Rainbows«.

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Wenn die erste Zeile der Presseinfo zu einem neuen Album auf den Produzenten verweist, lässt das bereits Übles vermuten. Ein Typ, den kaum einer kennt, hat also an den Knöpfen gedreht – wie zuvor schon für … And You Will Know Us By The Trail Of Dead und Spoon. Gut zu wissen. Tipp Nummer 38 der ganz brauchbaren Liste »101 Secrets To Indie Rock Success« bringt es auf den Punkt: »If you say ›for fans of The Hold Steady‹ or somehow mention another well known band in your press release, we will know immediately that you are way crappier than that band.«

Aber genug der Skepsis, vielleicht können die fünf Brooklyner ja nichts für den Promo-Versuch ihres Labels. Interessant ist die Band nämlich auf alle Fälle. Führt sie doch relativ detailgetreu vor, wo Radio­head 2012 stünden, hätten sie sich nach »In Rainbows« jeglicher Artyness entledigt und versucht, möglichst belanglos zu klingen. Die White Rabbits sind vielleicht schon zu gut – sicher auch dem Produzenten zu verdanken, dieser Umstand – in dem Sinne, dass sowohl Sound als auch Songwriting von jedem Grat, jeder Kante befreit sind. Um die Metapher auf die Spitze zu treiben: Da ist so lange gefeilt worden, bis nichts mehr übrig gewesen ist als ein Haufen Staub.

Aber immerhin schön lackiert und auf Hochglanz poliert ist »Milk Famous«. Als Soundtrack zum sonntäglichen Katerfrühstück taugt die Platte allemal. Und Songs wie »Heavy Metal« muss man auch erst mal schreiben können. Außerdem: Radioheads »The King Of Limbs« kann ja in gewissen Situationen durchaus einen Tick zu überspannt sein – etwa, wenn die Großeltern zu Besuch kommen oder der Lacan-Text gerade Schwierigkeiten macht. Dass die White Rabbits solides Handwerk abliefern, daran besteht kein Zweifel. Besonders, wenn mal etwas Schwung in die Sache kommt, wie bei »Temporary«, dessen von Gitarrenlärm belästigter Bass-Groove erfrischend postpunkig grummelt. Alles in allem ist »Milk Famous« aber eher für Leute, denen die Nullerjahre zu schnell vorbeigegangen sind, als für Freunde der frühen Releases des legendären Labels Mute Records.

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