Plastic Beach

Return of the Supergroup

Wir schreiben das Jahr 2010. Die Gorillaz treten erneuert an, die dünnen Wände zwischen allen Musikgenres einzureißen. Irritierend, verwirrend, schön.

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Mit der Gründung der Gorillaz 1998 haben Damon Albarn und Jamie Hewlett nach ihren Vorstellungen den Begriff „Band“ neu definiert. Niemals zuvor, hat es Comicfiguren statt Bandmitglieder und ein lose verbundenes Musikerkollektiv ohne herkömmliche Marketingstrategien gegeben, die in kürzester Zeit kommerziell so erfolgreich waren. Denn die Idee, statt Menschen einfach animierte Charaktere auftreten zu lassen, diesen eine komplette Biografie zu verpassen und sie auch Interviews und Live-Auftritte absolvieren zu lassen, wurde noch nie so konsequent umgesetzt. Bereits in einer Zeit vor MySpace, Facebook und Twitter haben sich die Gorillaz in die Anonymität von Comicfiguren geflüchtet, bieten also keine Angriffsfläche, rechtzeitig für die No-Privacy-Gesellschaft der 00er Jahre. Dadurch konnten sich die Gorillaz immer erlauben, auf jede Konvention zu verzichten, sich überall hin zu entwickeln, ohne zu sehr auf die eigene reale, vordefinierte Biografie Rücksicht nehmen zu müssen.

Diese Strategie wird seit der Veröffentlichung des Debütalbums 2001 bis zur aktuellen Platte „Plastic Beach“ durchgezogen. Wieder ist es unmöglich zu sagen, wen oder was man gerade hört: HipHop, Pop, Dub, Klassik? Wieder sind unzählige namhafte Gastsänger vorhanden, wie Mos Def, Snoop Dog, Lou Reed, Gruff Rhys (Super Furry Animals) oder das Nationalorchester für arabische Musik. Das ist natürlich einerseits großartig, andererseits manchmal verwirrend. Denn eine zwischen Takten hin- und herspringende Nummer wie „Rhinestone Eyes“, unterlegt mit Geräuschen und abwechselnden, übereinander geschichteten Tonspuren, machen es dem Hörer anfangs nicht leicht. Durchhalten, denn wie zur Versöhnung folgt dann gleich die erste Singleauskoppelung „Stylo“, ein fast schon klassischer Gorillaz-Track. Albarn singt sich episch gelangweilt mit Rap-Begleitung von Mos Def durch eine Dubnummer, oder so. Dann Disco, mit Keyboard und Frauenbegleitung, dann Sprechgesang, dann Rap, dann Pop, wie „On Melancholy Hill“ – eine beschwingte Mitpfeifnummer – dann wieder Out-Of-Space-Sound bei „Plastic Beach“ und Orgeln mit Hawaii Gitarren – „To Binge“. Und zum Abschluss Möwengekreische und Bobby Womack mit „Cloud Of Unknowing“. Wunderschön. „Plastic Beach“ ist ein Kuriositätenkabinett, bestückt mit einigen der exzellentesten Musikern unserer Zeit, aus aller Welt, aus allen Genres. Hoch lebe die Supergroup.

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