Kammermusik mal anders: Son Of The Velvet Rat überführen die Melancholie der österreichischen Provinz in die Melancholie der amerikanischen Weite.
Kammermusik mal Anders: Son Of The Velvet Rat überraschen mit “Red Chamber Music“ nicht nur Fans und Kritiker, sondern eventuell auch sich selbst. Denn so authentische und beseelte Americana-Sounds, wie sie hier vorliegen, hat sich wohl keiner aus Österreich zu hören vermutet.
Wenn man sich die chronologischen Destinationen der Aufnahmestudios – Graz, Los Angeles, New York und Nashville – durchliest, ist es klar, wohin die Reise geht: Die Melancholie der beklemmenden österreichischen Provinz öffnet sich der Melancholie der amerikanischen Weite. Der Opener “Prayers“ gibt sich diesem Gefühl ganz und gar hin. Der Epos beginnt mit Folk-Gitarren und leidvollem Gesang, “like a bad dream that you don‘t wanna come true“. “The Vampire Song“ ist wüstentrocken und trotz La-La-La-Chorus beklemmend unheilvoll: „If you happen to be totally innocent, we can take that spell away.“ Frontmann Georg Altziebler klingt dabei zusehends wie eine steirische Auslese-Mischung aus Lee Hazlewood und Townes van Zandt – sprich, er singt sich in alkoholgeschwängerte Höchstform hoch.
Die Tracks “7 Stars“ und “Moment Of Fame“ sind wüstentrockene Kleinode – auf das Wesentliche reduziert und puristisch wie Bohnenchili aus der Dose. Die Melodien baden sich in einer Mischung aus Honky-Tonk Blues und hochprozentiger Traurigkeit. “White Patch Of Canvas“ geht dann sogar einen Schritt weiter und erinnert mit seinen leichtfüßigen Akkordwechseln und lyrischen Feinsinnigkeiten an das Liedgut von niemand Geringerem als – erraten – Großmeister Dylan: “I‘m just a blank reflection in your eyes / but I will stay with you even after you walk by / a message straight and cold and purified.“
Das großartige Chanson-Country Duett “Moment Of Fame“ weckt dann wieder Assoziationen – diesmal an Johnny Cash. Es ist wirklich so: Nenne mir alle großen Künstler des Americana Sounds – auf “Red Chamber Music“ wirst du ihre Spuren finden. Und das Schöne an dieser Musik ist: Sie klingt nicht nachgespielt, sondern beseelt und verinnerlichend – als ob kurz vor Graz die Büffel grasen und die Steppe auf uns warten würde. Der zärtliche Zauber der allzu männlichen Depression klingt nicht eng oder klein, sondern groß und offen. “You wear it with every word, a golden glimmer shining“, singt Georg Altziebler im Album-Closer “Silence Is A Crown“. Der Mann hat sich diese Krone redlich verdient.