Wandeln auf roten Pfaden in die Unendlichkeit
Nina Kinert schwebt in einem alten Traum und lebt ihre Kindheit neu aus. Ein mysteriöser roter Planet führt sie dabei auf die Pfade des Science-Fiction-Pop.
Der Traum vom roten Führer kommt aus Schweden? Haben wir hier etwas verpasst? Nina Kinert besingt ihn jedenfalls auf ihrer neuen Scheibe den »Red Leader«, und das tut sie mit ausgeklügeltem Konzept. Mit Kommunismus hat das allerdings erst einmal gar nichts zu tun. Ganz im Gegenteil: Die Platte entführt viel mehr durch Raum und Zeit, in eine andere Welt, und das nicht einmal metaphorisch! Um Nina Kinerts wirre Anspielungen auf politische Fehlschlüsse und ihre Ausflüge in den Weltraum zu verstehen, müssen wir allerdings ein paar Schritte zurück gehen: zurück in die Vergangenheit.
Nina Kinerts Kindheit in Schweden war geprägt vom Leben mit zwei großen Brüdern. Und was wollten die immer mit ihrer kleinen Schwester spielen? Star Wars natürlich! Ein Mythos, der das Leben der Künstlerin geprägt hat. Mit 27 Jahren erfüllt Nina ihren zwei Brüdern einen wohl lange gehegten Traum: ihre eigene Version der Fortsetzung der Star-Wars-Saga, als Konzeptalbum »Red Leader Dream – Star Wars Episode VII“. Die besungene Story spielt auf »Tatooine“, dem Wüstenplaneten aus »Star Wars«, und erzählt, was sich dort nach der Befreiung von der Tyrannei des Imperiums abspielt.
Science-Fiction-Dream-Pop trifft auf sphärische Hommagen an die Musik der 80er (noch eine wiederbelebte Kindheitserinnerung?), gemischt mit Klavierpassagen, die – mal melancholisch-getragen, dann wieder treibend und schnell – so unwirklich sind wie in der Wüste niederprasselnder Regen und ein Kaleidoskop an Klangwelten auffahren. Über all dem schwebt die Stimme der Sängerin, geheimnisvoll, verspielt, düster, außerweltlich. In der Geschichte, die diese Stimme erzählt, gibt es im Universum die »Original Sin«. Diesem interstellaren Ungemach wird ein ganzer Track gewidmet: eine traurige Arie, in der die Sünde dramatisch verdammt und beschworen wird, eine Arie, die Leid und Freude in sich vereint. Ein Spiel mit den Welten, das trotz seiner außerirdischen Ästhetik erdverhaftet bleibt. Hier funktioniert die Mischung aus Extra- und Terrestrischem ganz wunderbar. »Red Leader Dream« empfiehlt sich als vertontes Märchen auch für Nicht-Star-Wars-Fans. Ein bisschen Faible für das Fantastische sollte man als Hörer mitbringen, denn immerhin wird hier ein Traum besungen. Ohne eine Ader für Space-Kitsch ist es der halbe Spaß.