Krach des Lebens
Ein 90er Revival der besseren Art. Nach 15 Jahren Albumpause veröffentlichen Seefeel ein selbstbetiteltes Werk, das die Zeitlosigkeit von Intensität unterstreicht.
Es war 1994, als das gerade fünf Jahre alt gewordene Label Warp Records, deren Stall anno dazumal mit (nahezu ausschließlich) elektronisch agierenden Granden wie Autechre oder Aphex Twin bevölkert war, die erste Band mit Gitarren ihrem Roster hinzufügte. Die Band hieß Seefeel, war weniger vom eben dahingeschiedenen Grunge denn von Joy Division und den Dreampoppern von Cocteau Twins beeinflusst, und veröffentlichte im Zeitraum von knapp einem Jahr zwei EPs und das Album »Succour« auf Warp. 1996 folgte »CH-VOX« auf Rephlex Records, der Spielwiese von Richard D. James (alias Aphex Twin), was folgte war Stille. Mit dem als einmalig geplanten Auftritt auf der 20-Jahre-Warp Records-Sause war diese Ruhe aber wieder dahin. Steve Beckett, Gründer von Warp, war nach dem Konzert derart enthusiasmiert, dass er es schaffte, die an zwei Positionen – Bass und Schlagzeug – veränderte Band zu überreden, wieder ein Album aufzunehmen.
Das Resultat ist ein selbstbetiteltes Album, das zeitgemäßer kaum klingen könnte. Wobei im Fall von Seefeel Hören vor allem Fühlen heißt. Nicht unähnlich den Schotten von Mogwai funktionieren die spärlichen Stimmen, meist verzerrt, vor allem als Instrument. Dafür klingen die Gitarren etwas schärfer als damals. Die elf Songs, die keine sein wollen, bewegen sich zwischen 52-Sekunden-Skizzen und neunminütigen Epen. Immer wieder wird es laut, es kracht wie das Leben, zu dem Seefeel einen wunderbaren, nimmermüden Soundtrack liefern. Auf die kommenden Live-Auftritte darf man wohl gespannt sein. Salem, eine der Hypebands 2010 – wir erinnern uns, Witch House – können sich beim Primavera Sound Festival 2011 in Barcelona, wo sich die beiden Bands eine Bühne teilen, was abschauen. Was Seefeels spröden und manchmal harschen Sound angeht, haben sie das schon längst.