Hoffnungslos, aber rest-freundlich
Christiane Rösinger hat gemeinsam mit Andreas Spechtl ein großartiges, hoffnungsloses Album aufgenommen. Natürlich gibt es dabei auch etwas zu lachen.
Christiane Rösinger ist heute unter anderem von FM4 bekannt (die Online- und Radio-Kolumne »Ein Leben in der Lo-Fi-Bohème«) und war früher einmal ein Teil der Lassie Singers. Dazwischen hat sie mit Britta ein paar feine Alben veröffentlicht, an den sloganhaften Pop-Appeal der Lassie Singers konnte sie damit aber nicht anschließen. Andreas Spechtl – seit einiger Zeit Wahl-Berliner – hat Rösinger in den letzten Jahren bei Lesungen häufig an der Gitarre begleitet. Und dann gibt es da etwa noch das Video von den beiden, in dem sie in der Wiener Judengasse auf einer Couch »Liebe wird oft überbewertet« singen und spielen. Das gemeinsame Album »Songs Of L. And Hate« schließt hier in vielerlei Hinsicht an.
Rösinger erklärt im Interview Wien zu ihrer zweiten Heimatstadt; die Morbidität und Melancholie der Stadt, die man Wien oft andichtet…, da würde sie sich mit Spechtl sehr gut verstehen. Es gibt keine Hoffnung, das wird alles nicht besser – aber auch: »es muss ja weiter gehen.« Und wenn man einmal die Hoffnungslosigkeit eingesehen habe, dann ließe es sich auch wieder ganz gut Spaß haben und genießen: »Sonst bliebe ja nur Selbstmord.« Die aus einem Albumtitel von Leonard Cohen entfernte Liebe zieht sich als Nicht-Thema durch das Album. Im Opener »Ich muss immer an dich denken« noch explizit, später nur mehr als Stimmungsauslöser. Die Songs sind mal schneller (beinahe beschwingt), mal sehr langsam, aber immer inhaltlich todtraurig und hoffnungslos. Geschrieben in einem kalten Berliner Winter, in einer Wohnung mit wenig Außenkontakt. Und auch wenn sich auf »Songs Of L. And Hate« einige Verweise und Anspielungen finden lassen, im Gegensatz zum Zitat- und Samplingwahnsinn, den Spechtl mit seiner Band Ja, Panik betreibt, ist Rösinger immer autobiografisch motiviert: »Ja, warum soll ich so tun, als wäre es anders. Das bin schon immer ich.«
Und dann gibt es da noch den Song »Berlin«, eine Art Wienerlied, das sich gekonnt über die aktuellen Bilder einer Stadt mokiert: Die Laptop-User in den Cafes, die saufende Unterschicht, den Regen oder auch die Arschloch-Kinder, die nicht ruhig sein können. Nicht nur »Berlin«, auch die anderen Lieder machen oft schmunzeln, ja lachen, und fühlen sich bei aller Traurigkeit auch immer mindestens rest-freundlich an. »Songs Of L. And Hate« ist ein großartiges Album und das kompakteste und beste von Christiane Rösinger seit Langem.