Die Einsamkeit eines Genies – Die Geschichte der einsamen Elektronikpionierin Ursula Bogner klingt zu wundersam um wahr zu sein. Genau wie ihre Musik.
Der Produzent Jan Jelinek erzählt die Geschichte von Ursula Bogner so: Auf einer Flugreise ist er mit einem Mann ins Gespräch gekommen, dessen Mutter untertags als wissenschaftliche Mitarbeitern eines Pharmakonzerns gearbeitet hat und des Nachts ihren exzentrischen Hobbys gefrönt hat. Im Heimstudio habe Ursula Bogner seltsame elektronische Klänge produziert. Begonnen hat sie damit in den späten 60ern, nachdem sie Seminare bei Herbert Eimert, dem Gründer des Kölner Studios für elektronische Musik, besucht hat. Bis zu ihrem Tod im Jahr 1994 produzierte sie eine Unmenge an Material, das sie auf einer Vierspur-Bandmaschine aufgenommen hat und von dem manche Teile fehlen. Jan Jelinek hat sich der Hinterlassenschaft angenommen und sie für die Veröffentlichung aufbereitet. Einiges davon musste er rekonstruieren und neu arrangieren. »Sonne + Blackbox« ist das zweite Album mit diesen herrlich verschrobenen Sounds, die sich nicht entscheiden können, ob sie Musique Concrète oder Soundtrack zu einem alten Sci-Fi-Film sein wollen. Bogner entwickelte ihre Musik fernab von allen Szenen und trat nie öffentlich auf. Ihre minimalistischen Kompositionen sind voll gelassener Heiterkeit. Im Gegensatz zur ersten Veröffentlichung »Recordings 1969-1988« sind hier auch verfremdete oder geloopte Stimmen zu hören, die sich in das Blubbern und die mäandernden Synthesizersounds mischen. Bogner war Anhängerin von Wilhelm Reichs Vorstellung einer spezifisch biologischen Energie namens Orgon. Mag sein, dass ihre musikalischen Phantastereien die musikalische Entsprechung von Reichs Ideen sind. Im Übrigen hat Albert Einstein widerlegt, dass es diese Energie gibt. Manche wollen widerlegen, dass es Ursula Bogner wirklich gab. Tatsache ist jedenfalls, dass das Universum um ein paar ausgesprochen schräge Soundspielereien ärmer wäre, hätte Jan Jelinek nicht die Geschichte dieser Frau erzählt bekommen. Hoffentlich gibt es noch ein paar Stücke aus der Klangwerkstätte, die Frau Bogner im Einfamilienhaus am Stadtrand betrieben hat.