Spiderwebbed

Trampolinspringen in Zeitlupe – Stumbleine liefert die Musik zu Instagram-Aufnahmen. Das ist teilweise sehr schön, trägt aber nicht wirklich ein volles Album.

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Unter den Sünden der Musikproduktion erreichen gepitchte Stimmen zwar lange nicht die Top 3, gehen aber im Prinzip trotzdem überhaupt nicht. Die Helium-Vocals haben immer ein bisschen was von Alvin&The Chipmunks, Vadder Abraham und die Schlümpfe oder Gangster-Rap aus einem Vorort von Kassel. Wer immer Stumbleine eingeredet zu dem exzessiven Gebrauch dieses Instruments geraten hat, kann kein guter Freund gewesen sein. Das Erstaunliche: Das Debüt des Produzenten aus Bristol, der im Vorfeld bereits mit verwirrend vielen EPs von sich reden gemacht hat, schafft es sogar nach diesem Schuss ins eigene Knie in respektabler Zeit ins Ziel. „Spiderwebbed“ ist Chillwave der langsamen und fröhlichen Sorte, der mit Ende Oktober eigentlich einige Monate zu spät erscheint. Zu der Musik von Stumbleine möchte man seine Sommerromanze küssen, Menschen auf Wiesen mit Instagram fotografieren oder in Zeitlupe auf einem Trampolin herumspringen.

Je nach Ausmaß des Broken Beat-Anteil klingt das Ganze dann mal nach Neon Indian, mal nach Gold Panda, oft halt dann auch wie irgendetwas dazwischen. Der Überhit des Albums und gleichzeitig unbedingter Anspieltipp ist das wunderbare „If You“, das von der Kombination aus klickerndem Beat und extrem reduzierter Gitarre lebt. Überhaupt schafft Stumbleine immer wieder, dem Hörer mit wenigen Mitteln ein Lächeln auf die Lippen zu zaubern. Tracks wie „Honeycomb“ oder „The Corner Of Her Eye“ werden im Grunde viereinhalb Minuten durch ein einzelnes, zerbrechlich schimmerndes Riff zusammengehalten. Doch jedes Mal, wenn man denkt, dass das eigentlich nicht reichen kann, erwischt man sich doch wieder wie man dazu ins Träumen gerät. Mit „Fade Into You“ hat sich sogar ein Mazzy Star-Cover auf das Album verirrt, das als richtiger Song seltsam aus dem Rahmen fällt. Leider ist „Spiderwebbed“ auf Albumlänge dann doch etwas zu süßlich geraten. Die Tracks sind letztlich sehr einheitlich, und der Soundentwurf trägt nicht zehn davon in Folge. Wobei: Das mag auch eine Frage der Jahreszeit sein. Der nächste Sommer kommt bestimmt.

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