Die Geschichte ist bekannt: Zu Beginn dieses Jahrtausends erschienen den Großstädten der Welt ungewohnte Formen von Graffiti. Posters, Cut Outs, Stickers, Rauminstallationen. Während »klassische« Graffiti-Writer die Wände der Stadt – genau wie ihren Skizzenblock – weiterhin als bloßes Trägermedium sahen, fingen die »neuen« damit an, die Umgebung des Artworks miteinzubeziehen oder diese sogar grundlegend zu verändern. Schnell war ein Sammelbegriff für diese verschiedenen, neuartigen Formen gefunden: Street Art.
Der nachfolgende Hype war kaum zu übersehen und -hören, Bücher und Fotodokumentationen (die den Kunstwerken wegen ihres starken Ortsbezuges oft nicht gerecht werden) gibt es nicht wenige. »Street Art – Legenden zur Straße« versucht sich dem Thema daher etwas anders und differenzierter zu nähern. Als Aufhänger für die 32 recht unterschiedlichen Kurztexte dient die /Legende./ Sowohl Geschichten (Legenden) der Künstler selbst, als auch wissenschaftliche Texte welche als Stadtplan-Legende einer Street-Art-Stadt dienen, die bereits durch zahlreiche Fotobücher kartographiert wurde. Die Texte: mal ein Tagebucheintrag, mal eine trockene Erklärung der unterschiedlichen Herstellungstechniken, mal eine Sammlung von Ansichtskartentexten einer Diplomarbeitsschreiberin. Mal kurz, mal lang. Im recht heterogen-sympathischen Umfeld des Buches wirkt sogar der trockene Aufsatz »Kunstgeschichte der Wandmalerei« nicht allzu oberlehrerhaft. Auch vorhanden: kritische Worte zur Street-Art-Authentizität im Kunstbetrieb. Die Qualität der Beiträge schwankt zwar naturgemäß, alles in allem zeichnet das Buch aber ein rundes Bild einer globalen urbanen Kunstszene, die ansonsten oft zwischen Hype, Kunst-oder-Vandalismus-Diskussion und Banksys hinter Glas abgehandelt wird. Wer aktuelle Artworks sucht, ist bei Weblogs wie Woostercollective sicherlich besser aufgehoben. Wer einen kurzweiligen unpeinlichen Einstieg ins Thema sucht, greife zu.