Ein berauschender und melodieseliger Retro-Cocktail aus dem War On Drugs-Umfeld: Jangle-Pop-Psychedelia auf den Spuren von John Lennon und Syd Barrett.
Shai Halperlin, seines Zeichens Giftmitmischer bei The War On Drugs und Bandleader von The Capitol Years, mischt aus seinem Schlafzimmer experimentellen Pop als einen berauschend melodieseligen Retro-Cocktail. Spätestens wenn der melancholisch-feinfühlige Jangle-Beat des Openers "Message On The Wire" in die Sixties-Psychedelia von “Are We Gonna Work It Out“ überläuft, wird klar: nicht nur der Titel ist hier eine Beatles-Referenz. Der spröde Optimismus der Songs bleibt allerdings stets Deckmantel für urbane Depressionen, der Weg zum Glück bleibt trotz himmelhochjauchzender Hymnen im Drogentraum stecken. Wenn Halperlin in der wunderschönen Single “Endless Town“ seine Heimatstadt Philadelphia besingt, liegen Behaglichkeit und Beklemmung ganz nahe beieinander: “Anybody else with any sense would never stay, so why would you stay?“
“Red Lights“ übt sich in groß angelegten Phil Spector-Arrangements. Wäre man sich nicht sicher, diese Musik zum ersten Mal zu hören, könnte die bluesige Ballade auch als verloren geglaubtes John Lennon Stück durchgehen. Halperlin hat alle Instrumente und Vocals auf der Platte selbst eingespielt, auch wenn man immer wieder ein Band zu hören glaubt. Die Dynamik zwischen harmonischem Feinklang, Wall-Of-Sound-Rhetorik und Popart-Poesie ist zwar alles andere als neu – klingt aber ziemlich schön und gelungen. Überhaupt ist das 70er-Jahre Songwriter-Rock Trademark ein Emblem, das Halperlin in “Sweet Lights“ durchwegs bewusst einzusetzen scheint. Fast alle Songs tragen den Stempel großer Einflüsse mit sich: Während die Fixer-Romantik von “A Hundred Needle Pins“ die Auszeichnung als beste Lou Reed Hommage des Jahres verdient, entführt das mit dandyesquer “Paris 1919“-Ästhetik orchestrierte “You Won‘t Be There“ in den Klangkosmos eines John Cale. Spätestens wenn mit der ausufernden Prog-Rock Miniatur “Here Comes The Son“ Erinnerungen an Syd Barrett geweckt werden, hat die verinnerlichte Vergangenheit ihren festen Platz im Kontemporären erreicht. Die Freundschaftsbänder werden erst in der Akustikballade “Relate To You“ abgelegt. Fast schon nackt fühlt sich der Track an, so losgelöst bewegen sich die Akkorde von der zuvor dringlich aufgebauten Geschichtsdidaktik. Mit der puristischen Folk-Huldigung an den Freund und Bandkollegen "Ballad of Kurt Vile #2" taucht Halperlin dann allerdings schnell wieder in die Referenzialität ein und reicht der Freak-Folk-Gegenwart die Hand.