Ein unterbeleuchtetes Kleinod des nervösen, zackigen Austro-New-Wave bekommt endlich wieder einen Platz im Rampenlicht. Gut so!
Kaum eine Band hat den Austro-Underground so repräsentiert wie die Wiener Chuzpe: die erste Punkband Wiens um nach zwei Stilwechseln 1980 mit einer Coverversion von Joy Divisions Klassiker „Love Will Tear Us Apart“ (den damals in Österreich so gut wie niemand kannte) einen Smash Hit auf Ö3 zu landen.
Nachdem sich der Punkphase der Wiener schon mehrere Labels angenommen hatten (siehe die Compilation „Anarchy Bla Bla“ und die von Höhnie Records veröffentlichte „Nervengas“-EP) hat sich Cien Fuegos – die neue Reissue-Reihe von Trost – der kommerziell erfolgreicheren, aber retrospektiv noch etwas unterbeleuchteten New-Wave-Phase der Band angenommen. „Tausend Takte Tanz“ sollte der große Durchbruch für Chuzpe darstellen, aus den verschiedensten Gründen blieb dieser aber bekanntlich aus.
Übrig bleibt aus dieser Phase nur dieses nervöse, ultazackige Album, welches eigenartig zerrissen zwischen Popsensibilität und dem morbiden Charme des Frühachtziger-Post-Punks. Ein billiger Synthesizer fiept, darüber schreddert eine dünne Gitarre während Robert Wolf und Stefan Wildner abwechselnd ihre eigenartigen Parolen skandieren. Von „Tote Körper tanzen anders“ über „Die guten Kräfte sammeln sich“ und „Zu klug für diese Welt“ beinhaltet diese Platte unzählige Undergroundhymnen, die in einer gerechteren Welt einen gleichrangigen Platz im Musikkanon dieses Landes mit den etablierten Austropopklassikern hätten. Nicht alles auf dem Album ist Gold und gerade der eigenartig morbide Humor funktioniert im Jahr 2012 nicht mehr so, aber grundsätzlich ist die Platte wohl auch wegen ihres sehr zackigen und minimalen Sounds sehr gut gealtert.
Und auch wenn „1000 Takte Tanz“ im Second-Hand-Bereich wohl nicht so schwer im Original erhältlich ist, dass ein Reissue unumgänglich wäre, verdient diese LP auf alle Fälle die neugewonnene Aufmerksamkeit. Zumal Popgeschichte selten so dermaßen tanzbar ist.