Es stimmt, alle Welt liebt "The Artist". Ob das in zehn Jahren auch noch so sein wird, darf bezweifelt werden.
Die Erfolgsgeschichte von "The Artist" liest sich beeindruckend. Fünf Oscars, drei Golden Globe Awards, über 30 internationale Preise wurden dem Film zuteil. Die Kritik lobte den Film überschwänglich und ein kurzer Blick auf Wikipedia oder den Filmaggregator Rotten Tomatoes spricht Bände. "The Artist" ignoriert fast vollständig aktuelle Kinokonventionen und wird gerade dafür vergöttert. Regisseur Michel Hazanavicius besitzt den Schneid einen klassischen Stummfilm in Schwarzweiß-Bildern und mit Zwischentiteln zu drehen und schreckt dabei nicht einmal vor dem antiquierten 4:3 Format zurück. Die schwarzen Balken auf dem Fernseher, sie sind durchaus gewollt. Leider findet sich so gut wie nichts von dieser Kühnheit im eigentlichen Film wieder. Der Zuschauer erlebt handwerklich solides Kino mit einer gefälligen Orchestrierung und sympathischen Schauspielern. Die Hommage an Hollywood und der zentrale Übergang vom Stummfilm zum Tonfilm sind nette, wenn auch nicht neue Einfälle ("Singin’ In The Rain"). So bleibt die Berechenbarkeit – das große Problem an "The Artist" – unübersehbar. Wer Nostalgie und künstlerischen Anspruch ausblendet, findet eine vorhersehbare und wenig originelle Liebesgeschichte, die nicht richtig bewegt. Erst der internationale Verleih durch den Hollywood-Produzenten Harvey Weinstein öffnete das Tor zum Oscar und zu einer unverhältnismäßigen Beweihräucherung. "The Artist" ist ein guter Film, aber mit Sicherheit keine Offenbarung.