Audiophiler Chillwave: Memoryhouse zelebrieren die Kunst der schönen Töne, haben dabei aber vergessen, der tonalen Schönheit Substanz beizufügen.
Das kanadische Duo Memoryhouse könnte als Hipster-Projekt verschrien sein: Evan Abeele und Denise Nuvion aus Ontario haben sich dem Chillwave verschrieben, gespickt mit Facetten von Shoegaze, Dreampop und Ambient. Ihr Debüt “The Slideshow Effect“ ist das Resultat langwieriger Studio-Sessions. Den perfekten Sound wollte man kreieren, die Musik Kaleidoskop-artig aus allen Blickwinkeln einfangen. Und das ist den Beiden wohl gelungen. Perfekt produziert, mit großer Aufmerksamkeit auf perfekte Akustik und ausgewogenem Mix ist “The Slideshow Effect“ wohl eine der audiophilsten Independent-Produktionen der letzten Monate.
Wenn man sich allerdings an die akustische Schöngeistigkeit gewöhnt hat, werden die Schwächen des Debüts nur allzu deutlich. Songs wie “The Kids Were Wrong“, “All Our Wonder“ oder “Bonfire“ beweisen die Stärke der Band, große, cinemaskopisch-eindrucksvolle Popmusik zu kreieren. Die lyrischen Eckpunkte des Albums sind verwoben mit dem Gefühl von Jugend und dem Ende der Unschuld. Es ist die subtile Exposition von Bedeutung, die der Band ganz besonders gut gelingt. Die Stimme von Sängerin Denise Nuvion ist verträumt nostalgisch, zugleich düster und druckvoll – und erinnert nicht von ungefähr an Hope Sandoval von der legendären Dreampop-Band Mazzy Star. Auch die Instrumental-Sounds von Evan Abeele schmeicheln sich luzid und zugleich traumverwoben ins Gehör. Was “The Slideshow Effect“ als Album aber am meisten fehlt, sind Songs, an die man sich erinnern kann. Die Platte ist wie ein permanenter Schwebezustand, eine hübsch anzusehende Blase, die letztendlich platzt – und nichts Substantielles zurücklässt.
Die meisten Songs pflegen die Kunst der schönen Fadesse. Trotz aller audiophilen Bemühungen – es geht nicht darum, wie die Platte technisch klingt, sondern wie sie im Kopf klingt, und welche Klänge sie dort zurücklässt. Und an dieser Stelle sind Memoryhouse leider die Ideen ausgegangen. “The Slideshow Effect“ impliziert an jeder Stelle Hintergründiges, bleibt aber stets vordergründig. In jedem der zehn Tracks lässt sich das potential des Chillwave-Duos erkennen, ein Gespür für ganz großartige Sounds zu haben. Am Ende bleibt aber nichts davon über, außer dem schmeichelnden Gefühl, den sensibel aufgenommene Töne erzeugen können. Das ist per se nichts Schlechtes – nur großartig ist es auch nicht. Es bleibt zu hoffen, das der Band mit dem nächsten Album ein bedeutsameres Werk gelingt – das Potential dazu ist nämlich da.