Tonight

Viva la Evolution

„Tonight“ offenbart sich als der zweifellos optimistische Versuch, festgefahrene Bahnen zu verlassen. Auf halbem Weg zum Ziel muss sich Franz Ferdinand jedoch eingestehen, die Option auf Rückkehr nie ganz aufgegeben zu haben.

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Die musikalische Auferstehung der Schotten dauerte ganze vier Jahre. Auf das richtungsweisende Debüt 2004 folgte recht rasch ein nicht sonderlich unterscheidbarer, wenn auch ansprechender Nachfolger. Im aktuellen Soundgewand dreht „Tonight“ die Gitarrenlastigkeit von „You Could Have It So Much Better“ zurück und stellt den Hörer mit ausgefuchsten Bassläufen, allerlei Effekten und Elektronikexperimenten in eine euphorisch leuchtende Diskothek. Dass dabei auch Effekthascherei betrieben wird, ist spätestens im Mittelteil des Albums klar. Titel wie „No You Girls“, „Bite Hard“ oder „What She Came For“ setzen auf zackige Gitarren und gewohnt eingängige Refrains, bleiben dennoch austauschbar und blass.

Ganz anders das beinahe acht Minuten lange „Lucid Dreams“, das quasi in letzter Sekunde einst Band definierende und heute zumeist einengende Strukturen hinter sich lässt. In dem Song folgt Alex Kapranos‘ Stimme dem elektrisierenden Bongo-Rhythmus von Paul Thomson und taucht gegen Ende in eine elektronische See ein, die selbst Referenzen an Giorgio Moroder für möglich hält. Wie gut den Schotten dieser Eindruck eines leicht vertrackten, stets zu spät einsetzenden Rhythmus gelingt, ist außerordentlich. An eben diesen Stellen ist die Gewissheit da, dass sich das Risiko gelohnt hat. Sage und schreibe fünf Demos benötigte „Lucid Dreams“ bis zur endgültigen Albumversion und eine zuvor im Netz veröffentlichte Single mit eingängigen Gitarrenriffs wurde schlussendlich gekippt. Die Entscheidung für diesen zunächst fremd wirkenden Elektro-Brocken muss denkbar schwer gefallen sein und versinnbildlicht ein stetes Gezänk zwischen dem Verlass auf alte Stärken und der Not zur Neuorientierung. Dennoch bleibt nach einem starken Ende der Eindruck eines durchwachsenen Albums bestehen.

Franz Ferdinand haben ein Werk geschustert, das seine Höhepunkte im Mut zu disco-affinen Experimenten wie „Ulysses“ und zugleich in seinen leisen und schön akustischen Momenten aus „Dream Again“ und „Katherine Kiss Me“ zeigt. „Tonight“ bleibt dabei lieber Traditionalist als Reformist, sein Mut wirkt stellenweise dennoch beachtlich. Nachdem die erste wirkliche Reform bei Franz Ferdinand geglückt ist, sollte die Arbeit in Zukunft wieder leichter fallen.

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