Abnormally Addicted To Sin

Das Piano, das Tori Amos immer wieder wie ein Zauberteppich bei ihren emotionalen Höhenflügen unterstützte, ist auf "Abnormally Addicted To Sin" zurückhaltend eingesetzt. Stattdessen treiben schwülstige Keyboards und schwere Beats die Stücke voran. Amos hat für ihr zehntes Studioalbum das volle Arrangement – Arsenal aufgefahren, und wie beim Vorgänger "American Doll Posse" scheint sie damit […]

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Das Piano, das Tori Amos immer wieder wie ein Zauberteppich bei ihren emotionalen Höhenflügen unterstützte, ist auf "Abnormally Addicted To Sin" zurückhaltend eingesetzt. Stattdessen treiben schwülstige Keyboards und schwere Beats die Stücke voran. Amos hat für ihr zehntes Studioalbum das volle Arrangement – Arsenal aufgefahren, und wie beim Vorgänger "American Doll Posse" scheint sie damit die Aufsplitterung ihrer Person in verschiedene musikalische Identitäten voranzutreiben. Es wäre nicht Amos, würde sie das künstlerische Rollenspiel nicht dazu benutzen, das Schicksal der Welt im Allgemeinen und jenes der Frauen im Speziellen auf ihre Schultern zu laden:

War "American Doll Posse" noch von der Wut gegen das Bush – Regime geprägt, spricht Amos nun über die Wirtschaftskrise und das Schicksal der kleinen Frau, die nach wie vor unter dem selben Übel zu leiden hat – den Allmachtsfantasien von Männern im Selbstüberschätzungstaumel. So konkret wie in den begleitenden Interviews wird Amos in den Songs freilich nie. Hier treibt sie ihr künstlerisch – schleierhaftes Rollenspiel, holt verzweifelte Mütter, stolze Heldinnen und politische Protestfiguren vor den Vorhang. "Welcome To England" erzählt von einer Frau, die ihrem Mann in die Fremde folgt, "Maybe California" ist ein imaginierter Dialog mit einer Mutter, die sprungbereit an einer Klippe steht, und "Ophelia" holt die Ahnin aller selbstzerstörerischen Frauen aus der Metaphern – Kiste. Über all diesen Personen schwebt Amos als dirigierende Instanz.

Das hat teilweise etwas unangenehm Messianisches und Kulthaftes, ja, es impliziert sogar genau jene Machtposition, die Amos bei Männern kritisiert. Fanswerden sich von Amos dennoch gern durch die Welt leiten lassen – ihre Stimme ist selbst dann noch unverwechselbar, wenn die Songs in ihrer Vielgestaltigkeit an Profil verlieren.

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