Passend zu den aktuellen Missbrauchsaffären erscheint jetzt mit „Vatikan AG“ das nächste Dokument katholischer Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis.
Der italienische Journalist Gianluigi Nuzzi bringt darin die Machenschaften der Vatikanbank von Geldwäsche bis Mafia ans Licht. Aber die Skandale reichen viel weiter und sind Beleg für die fortgesetzte Heuchelei der katholischen Kirche. Da ist einerseits an der Oberfläche der Finanzskandal, der den Vatikan in eine Reihe mit dubiosen Steuerparadiesen rückt. Andererseits wird das eigentliche Problem der gesamten katholischen Kirche in Nebensätzen evident, wenn u. a. vorgeführt wird, wie unter dem Deckmantel karitativer Stiftungen Gelder ohne den beabsichtigten Zweck zu erfüllen auf geheimen Konten landen. Nuzzi beschreibt eine Organisation, die aus der Verkündung absoluter Wahrheiten Lebensvorschriften ableitet, an die sie sich selbst nicht hält. Nichts legt den Schluss nahe, dass das unlautere Geschäftsgebaren der katholischen Kirche sich auf die Vatikanbank beschränkt. Die Frage ist vielmehr, ob Lüge und Vertuschung hier nicht systemimmanent sind.