Der in Belgrad aufgewachsene und in Berlin lebende Schriftsteller Bora Ćosić handelt in seinem neuem Roman „Vogelklasse”, in der ihm eigenen, verschachtelten Tonart, das Leben als solches anhand eines imaginären Klassenzimmers in einem imaginären Gymnasium in einem imaginären Dorf ab. Der Raum ist eine Metapher für die Existenz einer Gesellschaft, in der wir eingebettet sind, […]
Der in Belgrad aufgewachsene und in Berlin lebende Schriftsteller Bora Ćosić handelt in seinem neuem Roman „Vogelklasse”, in der ihm eigenen, verschachtelten Tonart, das Leben als solches anhand eines imaginären Klassenzimmers in einem imaginären Gymnasium in einem imaginären Dorf ab. Der Raum ist eine Metapher für die Existenz einer Gesellschaft, in der wir eingebettet sind, die sowohl Rettungsboot als auch Gefängnis sein kann. Das Leben der Vogelklasse ähnelt einem Theater, das seine Stücke immer wieder aufnimmt, in dem aber ein Sein ohne Premiere dominiert.
Im Mittelpunkt des Raumes sitzen die vier „Wiederholer“ der Klasse, jene Gestalten, die auf einem scheinbar erhobenen Podest ihre Plätze einnehmen und zu denen der Rest der Klasse hinaufschaut und die durch ihr Sitzenbleiben versucht haben, den Vogelkäfig zu verlassen, jedoch nur in einem neu ausgemisteten Käfig ihren Platz einnehmen müssen.
Während der Ich-Erzähler dieser imaginären Zwangsgemeinschaft krampfhaft versucht sich von dieser zu lösen, aus ihr auszubrechen, die Flügel auszubreiten und wegzufliegen, bereitet die Vogelklasse ihre Schüler auf kleine Statistenrollen des Lebens vor, dabei außer Acht lassend, dass die Weltbühne Protagonisten bedarf, um ein erfolgreiches Stück zu schaffen. Ćosićs Sprachrhythmus ist komplex, manches Mal befürchtet man aus dem Takt zu kommen, doch mit ein wenig Hingabe erlaubt uns der Autor an seiner einzigartigen Melodie teilzuhaben.