Kein Meister-, aber ein Musterwerk: Psychedelischer Shoegaze aus Manchester, der die Past zur Present Tense zu erhebt.
Die Kunst eines guten Musters besteht darin, in der Reproduktion Bedeutung zu erzeugen – also den Akt der gleichförmigen Wiederholung so zu kreieren, dass die daraus gewonnene Struktur versinnbildlichend für eine bestimme Denkweise oder Haltung steht. Die Patterns aus Manchester haben sich in ihrem Debüt “Waking Lines“ der Reproduktion psychedelischer Shoegaze-Riten verschrieben – und versuchen sich daran, aus der Wiederholung von wohlbekannten Klanglandschaften jenen magisch-großen Zusammenhang zu destillieren, der die Past zur Present Tense erhebt.
Das nordenglische Quartett um Sänger und Songschreiber Ciaran McAuly möchte seine Hörer in jene Traumwelten überführen, die wahlweise der schlaftrunkenen Imaginationen oder der drogeninduzierten Halluzination entspringen könnten. Die Songs sind, so McAuly, als Exegese über “sleep, memory and loss“ zu verstehen. Deshalb beginnt “This Haze“, das erste Stück des Albums, auch – wie könnte es anders sein – mit ätherischem Sphärenklang. Ein, zwei luzide Augenblicke später gesellen sich auf der Single “Blood“ dann auch elektronische Drone-Pop Elemente hinzu, die den Vintage-Schlagzeug- und Keyboardvariationen eine temporäre Note verleihen. Leider geht dieses Jetzt-Gefühl in Folge schnell wieder verloren und kippt stellenweise sogar ins komplette Gegenteil um.
Wird im Titeltrack noch gekonnt mit Samples von Klosterglocken gespielt, ohne dabei Geschmacksnerven zu verletzen, driftet das ursprüngliche Konzept des Albums in andere Ufer ab. Mit „Face Marks“ nähert sich die Band gefährlich nahe an die Richterskala Arcade Fire an – und fühlt sich dabei hörbar wohl. Die Stimmung schlägt ins Plakative um. Zu brav, zu pathetisch werden die Melodien und Texte, je länger sich die Scheibe dreht. Die Experimentierkiste aus Field Recordings und Loops wird sozusagen mit einem U2-Poster überhangen.
Am besten klingeln die Patterns dann, wenn sie nicht auf Airplay-Tauglichkeit achten. So ist die LSD-Ode “Our Ego“ das wohl gelungenste Monument eines Albums, das gerne eine Spur wilder geworden wäre. Hier vermengen sich vernuschelt gleichgültige Vocals herz- und hirnergreifend mit einer Wall-of-Sound Gitarrenarchitektur zu jenem archetypischen Shoegaze-Muster, das Bands wie My Bloody Valentine und Slowdive zwar schon vor mehr als zwanzig Jahren zur Perfektion geflochten haben, dessen manische Schönheit und spröde Haltung aber auch in dieser gegenwärtigen Variation Dringlichkeit einfordert – und auch bekommen sollte.