Mit ihrem Debüt »Miniano« gelingt Rahel eine Platte mit großen Emotionen und feinen Nuancen. Ein Album, das den Pop-Rock der Nullerjahre mit dem Szene-Feeling von heute kurzschließt.
Dass Rahel am FM4-Geburtstagsfest dem Sender als Ständchen eine Coverversion von Julis »Die perfekte Welle« widmete, ist nur folgerichtig. Denn wenige andere aktuelle Künstler*innen scheinen mir den Geist des deutschsprachigen Pop-Rock der Nullerjahre so zeitgemäß fortzusetzen. In der Tat ist meine erste Assoziation zu dem, was sie tut, nicht in Deutschland oder Österreich zu finden. Der Name, der mir hierzu schon seit Tagen im Kopf herumspukt, ist Olivia Rodrigo. Let me explain. Rodrigo hat es geschafft, Alternative aus den 1990ern für internationalen Pop der 2020er relevant zu machen. Das bedeutet etwas anderes, als Retrotracks zu produzieren oder nur auf die Nostalgiedrüse zu drücken. Da ist eine Liebe zu den Referenzen da und ein Wille, sie nach den eigenen musikalischen Sensibilitäten weiterzuentwickeln. Rahel macht Ähnliches, aber ein bisschen mehr Nische, ein bisschen mehr Szene. Kleiner und feiner.
Ganz großes Theater
Was nicht heißen soll, die Songs auf ihrem Debütalbum »Miniano« wären klein. Ganz im Gegenteil, das ist ganz großes Theater. Von konspirativ-einladend (»Schaffner«) über wütend-roh (»Nicht mal Nihilist«) bis hin zu schunkelnd-verträumt (»Miniano«) zeigt Rahel, wie genau sie unterschiedliche Vibes einfangen kann. Wortwörtlich großes Theater also, denn Rahel performt ihre Texte mit unerhörter Emotion. Das funktioniert allerdings nur, weil auch die textliche Qualität stimmt. Lyrisch erinnert das Ganze an Judith Holofernes zu besten Wir-sind-Helden-Zeiten. Nicht nur, weil einige Tracks eben genauso klingen, als wäre »Denkmal« 2024 herausgekommen (looking at you, »Bitte nicht in Blicken«), sondern auch, weil Rahel genauso geschickt Wortwitz, Sozialkritik und eine gewisse ironische Distanz verbindet.
Es ist schon beeindruckend ein Album zu produzieren, das es schafft, ein ganzes Genre aus der Vergangenheit in die Gegenwart zu hieven, und es dabei so frisch klingen zu lassen, als hätte es zu keinem früheren Zeitpunkt produziert werden können.
»Miniano« von Rahel erscheint am 8. März bei Ink Music. Live Termine: 10. April, Graz, Postgarage – 11. April, Linz, Posthof – 13. April, Salzburg, ARGE Kultur – 14. April, Wien, Flucc – 20. April, Lembach, Musik-Kulturclub