Literaturverfilmung, Mockumentary, Biopic und noch eine Metaebene: der Film »Sargnagel«.
Gut drei Jahre dürfte es jetzt her sein, dass sich das Regieduo Sabine Hiebler und Gerhard Ertl dazu entschlossen hat, das Literatur-, Cartoon- und Internetphänomen Stefanie Sargnagel auf die Leinwand zu bringen. Und zwar als Dokumödie. Der Clou des Projekts: Die Autorin selbst soll im Film die Hauptrolle spielen. Nicht wenige Menschen waren skeptisch, als sie erstmals von diesem Projekt hörten. Vor allem Sargnagel selbst. Wie soll denn das bitte gut gehen? Statusmeldungen, die vom Handy und Laptop aus Social-Media-Stränge füttern und Bücher füllen, sind das eine, aber das Ganze auf die Leinwand bringen?
Die schönsten Unkenrufe sind die, die einfach verhallen. Hiebler und Ertl haben nämlich einen kurzweiligen und amüsanten Film realisiert, der gewitzt eine Metabene nach der anderen aufschichtet, geschickt mit filmischen und außerfilmischen Realitäten spielt und nebenbei auch noch als leicht überdrehte Satire auf den heimischen Kulturbetrieb durchgeht – lustvoll mit Gast- und Cameo-Auftritten von Proponent*innen der Wiener Kulturszene garniert.
»Ich würde die Mockumentary schon als Buchverfilmung sehen. Denn das Skript basiert auf Texten von mir aus ›Fitness‹ und ›Statusmeldungen‹. Es ist ein Film darüber, dass Leute mit mir einen Film machen wollen«, fasst Sargnagel das Projekt zusammen. Oder etwas detaillierter: Sargnagels Buch »Fitness« soll verfilmt werden, einzige Bedingung von Seiten der Filmförderung ist, dass sich die Autorin selbst spielt. Michael Ostrowski als Regisseur und Rabenhof-Direktor Thomas Gratzer als Produzent geben im Film die Zeremonienmeister. Dazwischen: Hilde Dalik, die eigentlich Stefanie Sargnagel spielen soll – was aber nichts wird, weil Stefanie Sargnagel sich doch selbst spielt und dabei permanent von einem Kamerateam begleitet wird. Es braucht ja Material für den Film im Film.
Lebensstationen und Lebenssituationen werden nun abgeklappert. Callcenter, Nachtleben, Lesereisen, Buchvertrag mit Rowohlt, Schreibblockade, Psychotherapie, Familie, Beziehung, Freundschaft, Nazi-Shitstorm, Krankenhaus. »Es sind so viele Metaebenen im Film, dass ich selbst nicht mehr ganz genau wusste, was noch Realität ist«, erinnert sich Sargnagel an die Dreharbeiten. »Es wurde zum Beispiel eine Filmwohnung gemietet, in der meine echten Bücherregale stehen. Und man hat auch echte Kleidungsstücke von mir nachgenäht.«
Unterm Strich bleibt eine ungewöhnliche, nichtsdestoweniger charmante Literaturverfilmung, die clever zusammenkleistert, was im Sargnagel-Kosmos irgendwie eh zusammengehört: Realität und Fiktion.
»Sargnagel – Der Film« feierte seine Premiere bei der Diagonale in Graz. Er ist ab 20. August 2021 in den heimischen Kinos zu sehen. Unser Doppelinterview mit Stefanie Sargnagel und Voodoo Jürgens könnt ihr hier nachlesen.