Sascha Ring kennt man nicht nur als Teil der Electro-Formation Moderat, sondern natürlich auch als Apparat. Sein neues Album trägt den beinahe schon epischen Titel »LP5«. Allerdings verbergen sich dahinter keine großen, dramatischen Gesten, sondern viele kleine Fingerzeige auf das Schöne.
Ist Apparat eher Innensicht und Moderat eher die weit ausholende Popgeste? Oder ist das zu viel Schubladendenken?
Aus der heutigen Perspektive ist das auf jeden Fall so. Als beide Projekte noch nebeneinander liefen, war das aber noch nicht so klar getrennt. Bei der ersten Moderat-Platte wussten wir sowieso noch nicht so genau, wie sich die Musik, die wir gemeinsam machen, anhören soll. Da waren zwar schon ein paar poppigere Gesangstracks drauf, trotzdem war sie doch noch eher im Club angesiedelt. Gleichzeitig waren auf meinen damaligen Apparat-Platten damals auch noch »größere« Songs. Man merkt, dass hin und wieder dann doch der Pathos durchkam.
Das konnte ich jetzt, nach all diesen Erfahrungen mit Moderat, sehr aus Apparat zurücknehmen. Ein sehr angenehmes Gefühl. Das war aber nur möglich, weil sich die Projekte mittlerweile viel klarer in verschiedenen Richtungen manifestieren. Moderat ist sozusagen die große Bühne, auf der es schon mal episch werden darf. Das brauche ich deshalb bei Apparat jetzt gar nicht mehr so. Natürlich ist es noch in Ansätzen da, aber ich glaube schon, dass bei der neuen Platte alle Songs ein wenig »kleiner« geworden sind und sie diese epische Größe auch nicht mehr brauchen. Die Reduktion war schlussendlich auch das Anstrengendste am ganzen Prozess. Es war sehr viel Material da und es ging permanent darum, Sachen aus den Songs herauszustreichen.
Für mich schließt das neue Album sehr schön an »Devil’s Walk« an, es ist aber gleichzeitig doch um einiges fragmentierter und anspruchsvoller. Siehst du das auch so?
Wenn ich eine neue Platte mache, versuche ich natürlich immer etwas zu verändern. Klarerweise ist es aber auch gefährlich sich komplett neu zu erfinden, wobei ich das ohnehin noch nicht wirklich gebraucht habe. Im Endeffekt wollte ich eine Platte machen, die in meiner Diskografie Sinn macht. Auf der anderen Seite wollte ich den Schwachstellen, die »Devil’s Walk« meiner Meinung nach hatte, aber auch entgegenwirken.
Meiner Ansicht nach ist mir das mit der Komplexität der Songs auch gelungen. Die Strophe-Refrain-Strophe-Refrain-Struktur hat mich nach fünf Jahren Moderat einfach doch sehr gelangweilt. Das Hauptpotenzial für Veränderung und Weiterentwicklung lag also in den Arrangements. Die kann man als fragmentarisch bezeichnen, aber auch, wie ich das gern tue, als Collagen. Bei diesem Album hatte ich einfach Lust darauf, an Stellen die man vielleicht nicht unbedingt erwartet hätte, viele interessante Sounds einzubauen.
Gab es eigentlich einen bestimmten Moment, der dich von reinen Electro-Sounds zu melodischeren Tracks geführt hat?
Im Grunde ist es ein Prozess, der bis heute andauert, Momente gab es aber trotzdem. Ich habe jahrelang – eigentlich von meiner Teenagerzeit bis Mitte 20 – nichts anderes als elektronische Musik gehört. Mir war nicht mal wirklich bewusst, dass es noch andere interessante Musik gibt. Irgendwann mit Mitte 20, als ich begonnen habe, auf Festivals zu spielen, habe ich ganz neue Sachen gehört und alles auf einmal entdeckt und reingelassen. Das war schon eine Phase, in der ich Musik neu entdeckt habe. Das hat sich dann natürlich auch auf meine eigenen Projekte ausgewirkt.
Du spielst ja auch am Donaufestival in Krems …
Das ist ein ganz gutes Beispiel für ein Festival, das sich sehr gerne bespiele. Und zwar genau mit dieser Platte und dieser Band. In Krems passiert sehr viel Verschiedenes in sehr kleinem Rahmen, das passt sehr gut zum neuen Album. Die großen Festivals haben wir mit Moderat eigentlich alle erledigt, mit Apparat habe ich sie aber eher abgesagt, weil ich auf diese Erfahrung erst mal keine Lust mehr hatte.
»LP5« ist bei Mute Records erschienen. Am 4. Mai kann man sich die neuen Apparat-Songs im Rahmen des Donaufestivals live anhören.