Meister-Gitarrist Steve Miller schüttet am 4. November im Wiener Gasometer ein Füllhorn an klassischen Bluestracks und eigenen Rockhits aus – es ist der erste Auftritt des 69-jährigen Space Cowboy in Wien.
Comeback ist es eigentlich keines, denn die Steve Miller Band ist seit über vier Jahrzehnten fester Bestandteil nahezu jeder Classic Rock Radio-Playlist. Mit Hymnen wie „The Joker“, „Fly Like An Eagle“ oder „Abracadabra“ kam die Band aus San Francisco nie wirklich aus der Mode. Daran kann weder die Tatsache, dass sie erst jetzt ihren ersten Österreich-Gig gibt, noch eine relative lange Veröffentlichungspause in den letzten 25 Jahren etwas ändern. Und die beiden jüngsten Alben „Bingo!“ (2010) und „Let Your Hair Down“ (2011) weisen Steve Miller als kundigen Nachlassverwalter klassischer Bluestracks aus. Wie kaum ein zweiter versteht er es, Stimmung und Seele von Blues-Meilensteinen wie „Sweet Home Chicago“ (Robert Johnson) oder „Can’t Be Satisfied“ (Muddy Waters) zu behalten – und sie gleichzeitig mit zeitgemäßer Energie und Virtuosität aufzuladen.
Miller hat von Ikonen der Musikgeschichte gelernt: Als Jugendlicher traf er auf den legendären Gitarrenbauer Les Paul, einen Freund der Familie, der ihm die ersten Akkorde beibrachte. T-Bone Walker lehrte ihn das Spielen von Single-Line-Soli, Buddy Guy riet ihm zur Gründung einer eigenen Band, mit der er seinen ersten großen Auftritt beim Monterey Pop Festival 1967 hatte. Später verstand es der Autodidakt, in selbstgeschriebenen Songs die Bluestradition mit literarischen Einfällen und futuristischer, an „Sgt. Pepper“ von den Beatles angelehnter Mischtechnik zu verbinden. Er packte eigens entwickelte Echo- und Hallelemente dazu und kreierte einen neuen, unverwechselbaren Sound. 1973 katapultierte das Titelstück des Albums „The Joker“ die Steve Miller Band erstmals in die Hitlisten, 1976 setzte sich der Erfolg mit „Fly Like An Eagle“ und drei Top-Ten-Hitsingles („Rock’n Me“) in den Charts fort. Ende der 70er Jahre zog sich der vom Erfolgsstress erschöpfte Miller für mehrere Jahre aus dem Musikgeschäft zurück, eher er 1982 den weltweiten Knüller „Abracadabra“ landete.
Sein zweistündiger Live-Auftritt bei der aktuellen Europatournee belegt mit Nachdruck, wie großartig handgemachte Musik sein kann. Die ganz alte Schule, aber eben zeitlos gut.
04. November Wien, Gasometer