Lärm und Verzweiflung – Die Crystal Castles verbauten davon hunderte Kubikmeter im ausverkauften Wiener Flex. Es roch nach Akne und Angstschweiss.
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04 Male Bonding
05 Crystal Castles
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Es war ganz schön ungemütlich. Und genau so sollte es sein. Dauernd Geschiebe von allen Seiten, Ellbögen, Geruchsdschungel überall, volle Überhitzung, ein paar lebensmüde Crowdsurfer, fliegende Becher und ordentlich viel No Future. So ging es bei den Crystal Castles im komplett überfüllten Flex zu. Nur ganz wenige Bands schaffen das: Gefühle von Jugend, Entfremdung und Angst unpeinlich rüberzubringen und dabei cool auszusehen. Die Crystal Castles gehören dazu.
Sonderlich viel passiert live bei dem Studio-Duo/ Live-Trio ja nicht. Der eine Typ schaut auf seine Soundkonsole, sie schreit manchmal Zeug ins Mikro, ab und an darf der Schlagzeuger ran. Die Beschwerden von Rockopas – "Voll-Playback"/ "Die spielen ja keine Instrumente"/ "Damals bei Eric Clapton wussten Bands noch was ein F#-Sept-Akkord ist" – darf man aber ruhig überhören. Hier passierte etwas, das sich nicht mit gut gemachtem Musiker-Handwerk erklären ließ. In Wirklichkeit: scheiss genau darauf. Wir wollen die dilettantische Trostlosigkeit, verzerrte C64-Beats, stumpfe Oktavbässe, minimales Licht, einmal am Tag eine Demütigung und das alles ohrenbetäubend laut. Wer das nicht versteht, ist raus und hat damit der Band schon den ersten Gefallen getan.
Warum das aber außerdem noch deutlich großartiger als jedes durchschnittliche Rave-Gehopse mit ironischen Dialektraps war? Weil die Crystal Castles ästhetisch schlüssig und absichtlich reduziert sind, weil ihr Sound noch keine Horden uniformierter Nachgaffer anzieht, weil er sich einer Markt-konformen Verwertungslogik entzieht und ja, weil all das schließlich wirklich zersetzend, gefährlich und subversiv ist. Und das allein ist schon deutlich mehr, als die allermeisten Bands heutzutage von sich behaupten können.